Das Mittagessen an der Bodensee-Schule St. Martin in Friedrichshafen

Von Jutta Widmaier

 

Die Bodensee-Schule St. Martin gibt mit ihrem Gesamtkonzept Antworten auf Anforderungen unserer heutigen Zeit und unserer Gesellschaft. Unser Streben ist es, von der Einschulung bis zum Abitur ein Konzept aus einem Guss zu leben mit ca. 1.100 Schülerinnen und Schülern und ca. 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Der Marchtaler Plan, das Konzept unserer echten GANZ-TAGES-SCHULE; viele Mosaiksteine unseres täglichen Zusammenlebens mit den uns anvertrauten Jugendlichen und Kindern haben sich seit der Gründung 1971 bewährt und werden von Eltern, Betrieben, weiterführenden Schulen und Schülern wertgeschätzt. Der Mensch als soziales Wesen benötigt das Miteinander auch über Jahrgangsgrenzen hinweg. Wir sind uns dessen bewusst und organisieren Alltag mit seinen Erfahrungs- und Erprobungsmöglichkeiten entsprechend als Lebensraum für alle Beteiligten.

Das Mittagessen nimmt in der Ganztagsschule einen zentralen Stellenwert ein. Als ein unverzichtbarer Bestandteil des Tages stellt der gemeinsame Mittagstisch mehr als eine Gelegenheit dar, den Magen zu füllen. In der heutigen Zeit belegen unzählige Studien im Bereich der Neurobiologie, dass jegliches Lernen in ein interaktives Beziehungsgeflecht eingebunden ist. Ein Beziehungsgeflecht entwickelt sich unter anderem sehr intensiv beim gemeinsamen Essen, beim „Mahl-Halten“ in einer Gruppe, der Klassengemeinschaft.

Beginnend mit einem gemeinsamen Tischgebet, das als Ritual dient, welches dem Kind die Bedeutung der bevorstehenden Mahlzeit vermittelt, indem es Gott für die Gaben dankt, bietet das gemeinsame „Mahl-Halten“ die Chance, miteinander in Kontakt zu treten; eine intensive Zeit einander auszutauschen, dem Erwachsenen – der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer – in anderer, offenerer Form zu begegnen. Indem das Kind bzw. der Jugendliche den Lehrer während des Mittagessens erlebt, lernt er ihn in einer entspannten Atmosphäre kennen. Die Begegnung mit ihm erfolgt auf einer Ebene, die Themen und Gesprächsinhalte zulässt, die oft innerhalb des übrigen Schulalltags keinen Raum finden.

Doch nicht nur die Beziehung zu dem Lehrer wird durch die gemeinsame Einnahme des Mittagessens erweitert. Auch die Beziehungen zu Klassenkameraden festigen sich durch den dabei stattfindenden Dialog. Dabei spielt nicht nur das nähere Kennenlernen der Anderen eine wichtige Rolle, sondern vor allem das Rücksichtnehmen auf jene.

Durch die Übertragung und Ausführung diverser Aufgaben, wie beispielsweise die Getränkekannen auffüllen oder die Tische abwischen, übernehmen die Kinder und Jugendlichen Verantwortung für die Gruppe und tragen zu einem gelingenden Miteinander bei Tisch bei. Auch mit dem Einüben von Tischsitten, Regeln und Tischmanieren lernt das Kind, auf die Gruppe zu achten, und fördert seine Bereitschaft, Konventionen im Sinne von Spielregeln für das Zusammenleben der Menschen anzuerkennen. So stärkt das Mittagessen als Gruppenerlebnis nicht nur das Zugehörigkeitsempfinden des Kindes und erzeugt das Gefühl von Geborgenheit innerhalb der Gemeinschaft, sondern es fördert ebenso ein verantwortungsvolles und achtsames Miteinander.

Neben dieser sozialen Komponente spielt auch das Speisenangebot eine wichtige Rolle. Ein schmackhaftes und nährstoffhaltiges Angebot ist Grundvoraussetzung dafür, dass das Kind gestärkt in den Nachmittag gehen und sich wohl fühlen kann. Ein ansprechendes Speisenangebot stellt sich der Herausforderung, den Spagat zwischen einem gesunden und nahrhaften Menü auf der einen Seite und einem altersgerechten Angebot auf der anderen Seite zu schaffen. In der Speiseplankommission erhalten die Schülerinnen und Schüler in Zusammenarbeit mit den Köchen die Möglichkeit, an der Gestaltung des Speiseplans mitzuwirken und so an ihrem Schulalltag zu partizipieren. Alle Beteiligten lernen den Wert der Nahrung schätzen, indem sie Einblicke bekommen in Zahlen, Mengen und die Bedingungen der Zubereitung der Mahlzeiten.

Durch die stetige Optimierung der Abläufe versuchen wir ausreichend Zeit für die Mahlzeiten zur Verfügung zu stellen und damit Ruhe und Entspannung zu ermöglichen, unnötig lange Wartezeiten zu vermeiden und einen Rahmen zu schaffen, in dem unser gemeinsames „Mahl -Halten“ gelingen kann.