Wenn man etwas über sich selbst, den Glauben und Gott erfahren will, sollte man nicht nur vor der grünen Wandtafel über Gott und die Welt reden. Deshalb bin ich gegen Konfirmandenarbeit in der Schule!
In der Konfirmation geht es um eine persönliche Bekräftigung dessen, was in der Taufe zugesagt worden ist: Du gehörst zu Christus und bist Gottes geliebtes Geschöpf!
Die Konfirmandenarbeit, die eben nicht nur ein verschulter Konfirmandenunterricht ist, soll eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben und Glauben befördern und anleiten. Dies kann neben der kognitiven Auseinandersetzung besonders dann geschehen, wenn die Jugendlichen auf anderen Lernebenen angesprochen werden.
Als Proprium der Konfirmandenarbeit sehe ich das diakonische und das liturgische Lernen und damit die Frage nach der eigenen Identität und Spiritualität an. Neben Singen, Beten und Segnen geht es um generationsübergreifendes soziales und diakonisches Lernen und Handeln. Es geht darum, Glauben gemeinsam zu lernen und zu leben. Dies können Jugendliche in der Konfirmandenarbeit am Lernort Gemeinde z. B. in Form von Praktika etwa im Altenheim oder bei der Diakoniestation, sowie bei der Vorbereitung und Feier von Gottesdiensten und Andachten lernen. Hierfür bietet die Schule nur eine sehr begrenzte Plattform.
Die Jugendlichen möchten sich mit Themen auseinandersetzen, die sie unmittelbar betreffen.1 Viele dieser Fragestellungen werden bereits im Religionsunterricht oder anderen Fächern in der Schule angesprochen.2 Im 45-Minuten-Takt bleibt häufig jedoch kaum Zeit für eine abschließende Klärung persönlicher Fragen. Am Lernort Gemeinde bieten hier z.B. Konfirmandentage oder -freizeiten deutlich bessere Anknüpfungsmöglichkeiten.
Der wesentliche Unterschied, der für die Gemeinde als Ort der Konfirmandenarbeit spricht, ist vor allem das unterschiedliche Selbstverständnis der diskutierten Einrichtungen: In der Schule geht es um eine breite (Grund-)Bildung, Leistung und Erfolg. In der christlichen Gemeinde gelten andere Maßstäbe. Hier soll das Kleine groß geachtet werden. Hier geht es nicht um Leistung, sondern um Glauben, der erlebt und gespürt werden kann. Außerdem bleibt die Schule trotz ihrer Entwicklung vom Lernort hin zum Lebensort für die Schüler ein Ort, an den sie nicht ohne weiteres freiwillig gehen, dem sie ambivalent gegenüberstehen.
Gegen Konfirmandenarbeit in der Schule sein heißt jedoch nicht, den Kontakt zu den Schulen zu meiden. Im Gegenteil: es wird zunehmend wichtiger, den Kontakt als Kirchengemeinde oder Kirchenkreis zu suchen, sich über Inhalte zu verständigen und gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen, die über den klassischen Schulgottesdienst hinausgehen.
Ich leite das Projekt „Schule und Kirche" in Rinteln, eine Kooperation mit weiterführenden Schulen im Bereich der Ganztagsschule und plädiere ausdrücklich für die weitere Vernetzung von Kirche und Schule. Weniger aus der Sorge heraus, die eigenverantwortlichen Schulen könnten gesetzliche Richtlinien nicht erfüllen und sich mit der Einladung der Konfirmandenarbeit in die Schule aus ihrer Verantwortung für religiöse Bildungsprozesse stehlen wollen. Vielmehr liegen mir die Jugendlichen am Herz, die uns anvertraut sind, damit wir ihnen in unserem je eigenen Umfeld, Gemeinde und Schule, Vorbilder im Glauben und im Leben sind.
Denn mehr Präsenz der Kirche im schulischen Bereich, ein Vertrauensverhältnis zu Schülerinnen und Schülern, Unterrichtenden und Eltern kann einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung menschlichen Zusammenlebens im weitesten Umfeld des Lebensortes Schule leisten. Hier sind Angebote z.B. im Bereich der Schulseelsorge für Lernende und Unterrichtende ebenso denkbar wie das Schaffen von Räumen und Zeiten zur Unterbrechung des Schulalltags.
Deshalb: ein deutliches Ja zur Kooperation mit den Schulen im Ganztagsbereich, im Unterricht und auch in der Schulseelsorge, aber ein deutliches Nein zum Lernort Schule für die Konfirmandenarbeit!
Anmerkungen
- Und das eben auch gezielt im Umfeld der Gemeinde! Nach einer Umfrage befürworten 70,5 Prozent der Befragten mit beachtlichen Argumenten den Konfirmandenunterricht in der Kirchengemeinde. Vgl. u.a. Michaelsen, Susanne: „…damit ich mich nach der Schule nicht so hetzen muss.". Eine Schülerbefragung zu Konfirmandenunterricht und Ganztagsschule, in: Loccumer Pelikan 1/07, S. 34-36.
- Sicher gibt es auch in der Gemeinde curricularen Stoff, der im Konfirmandenunterricht thematisiert werden soll. Aber abseits vom schulischen Leistungsprinzip sind vielfältigere Möglichkeiten gegeben, auf spezielle Fragen einzelner Jugendlicher einzugehen. Darüber hinaus können in einer parallelen Jugendarbeit Anfragen der Jugendlichen flexibel aufgegriffen und gemeinsam bearbeitet werden.