Auch moderne Kirchen erzählen vom Glauben – Eine Erkundung der Melanchthonkirche in Hannover mit einer zehnten Klasse des Gymnasiums

von Christiane Rösener

 

"Eine moderne Kirche – gibt es denn da überhaupt etwas zu erkunden?" – fragte mich jemand, dem ich von meinem Projekt der Erkundung der Melanchthonkirche erzählte. Diese Skepsis ist typisch: Während sich Kirchen der Romanik, Gotik und des Barock auch bei kirchenfernen Menschen großer Beliebtheit erfreuen und aufgesucht werden als "auratische Orte"1 mit Atmosphäre und religiöser Ausstrahlung, sind die modernen Kirchen auch bei kirchennahen Menschen oft ungeliebt: Die eigene Hochzeit feiern sie doch lieber in dem barocken Kirchlein am Fluss oder in der gotischen Hallenkirche in der Altstadt. Moderne Kirchen laden offenbar weniger zur emotionalen Identifikation ein. Und doch: Ein Drittel aller Kirchbauten der EKD sind im zwanzigsten Jahrhundert entstanden2 , viele davon erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Moderne Kirchen machen damit einen wichtigen Teil des öffentlich wahrnehmbaren Christentums aus.

Viele der Gemeinden, aus denen heutige Schülerinnen und Schüler kommen, leben mit modernen Kirchgebäuden. Wie kann der Religionsunterrichts diesem Faktum begegnen? Welchen Beitrag kann er dazu leisten, moderne Kirchenräume als Orte kenntlich zu machen, an denen der Glaube an Gott auf besondere Weise zu Stein, zu Glas, zu Holz, ja sogar zu Beton geworden ist? Und welches Bild von Gemeinde und ihrer Beziehung zu Gott können Schüler und Schülerinnen der Topographie moderner Kirchen entnehmen?

Diese Fragen bildeten den Ausgangspunkt für die hier dargestellte Unterrichtsreihe. Dabei ging ich von der Annahme aus, dass zwar alte Kirchen ihre Betrachter und Betrachterinnen unmittelbarer emotional ansprechen, moderne Kirchen für eine Erkundung durchaus andere Vorteile bieten: In ihrer kurzen Lebenszeit haben sich nur wenige Entstehungsschichten übereinandergelegt. Sie sind sparsamer eingerichtet und flößen dadurch weniger Ehrfurcht ein. Sie haben eine geringere Fremdheit und damit eine niedrigere Schwelle zur Erkundung. Zusätzlich bieten moderne Kirchen die Chance, dass Schülerinnen und Schüler mit den am Bau der Kirche beteiligten Personen ins Gespräch kommen können und sich so direkt über mögliche Gründe für die Ausgestaltung einer Kirche informieren können.

In der Kirchenpädagogik3  sind bereits zahlreiche Methoden für die ganzheitliche Erschließung von Kirchenräumen entwickelt worden.4  Dabei wurde bislang vor allem mit Kindern der Primarstufe und jüngeren Jahrgängen der Sekundarstufe I gearbeitet. Die kirchenpädagogische Arbeit mit einem zehnten Jahrgang ist eher selten. Sie bietet gegenüber der Arbeit mit Jüngeren aber durchaus Chancen, die zu nutzen sich lohnen: Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen befinden sich lebensgeschichtlich zumeist in einer Phase, in der sie, zwei Jahre nach der Konfirmation einiger Schülerinnen und Schüler, gar keinen Kontakt mehr zur Kirche haben. Andererseits ist nach dem weitgehenden Abschluss der Pubertät auch eine neue Offenheit für Religion zu spüren, die jedoch oft mit der Ablehnung des verfassten Christentums einhergeht.5  Die Erkundung eines Kirchenraumes bietet hier die Chance, die Offenheit für religiöse Sinnfragen aufzunehmen und Kirche als einen Raum gelebten und gestalteten Glaubens erkennbar werden zu lassen. So kann das häufig vorherrschende Bild von Kirche als einer verstaubten Institution mit veralteten Lehren geprüft und möglicherweise korrigiert werden. Darüber hinaus sind Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen bereits fähig, eigene Fragen an die Gestaltung eines Kirchenraumes zu entwickeln und ihrem eigenen Zugang zu einer Kirche in einem kreativen Produkt (etwa einer Hausarbeit, einem Video oder einem Bild) auf höherem gedanklichen Niveau einen Ausdruck zu geben, als dies jüngere Schülerinnen können.

Auch moderne Kirchen erzählen vom Glauben – dieser Satz stand als Motto über der durchgeführten Unterrichtseinheit. Ihre Architektur und Einrichtung sind nicht zufällig entstanden. Sie inszenieren und unterstützen auf besondere Weise die Begegnung von Menschen mit Gott. Sie erzählen von einem bestimmten Glauben und verweisen auf konkrete christliche Glaubensinhalte und Glaubenspraxis. Wie sie dies tun, hängt zum einen von den Erfahrungen der gestaltenden Menschen und zum anderen von deren theologischen, anthropologischen und ekklesiologischen Grundentscheidungen ab. Diese sind ihrerseits wiederum geprägt von den Vorstellungen und Traditionen der Zeit, in der die Kirchen erbaut wurden. Verstanden sich alte Kirchen bis hinein in das 19. Jahrhundert als Zeugnis von Gottes Größe und Abbild des himmlischen Jerusalems, so ändert sich dies im Kirchenbau des 20. Jahrhunderts grundlegend. Zentral wird nun die gläubige Gemeinde und ihre durch Gott gestiftete Gemeinschaft. Dies findet seinen Ausdruck in einer Architektur und Einrichtung, die die Gläubigen aktiver am Gottesdienstgeschehen teilhaben und sie miteinander in Kontakt treten lässt.

Architektonisch wird das neue Gemeindeverständnis zum Beispiel durch Veränderungen im Grundriss zum Ausdruck

gebracht: Die Grundrisse sind nun nicht mehr kreuzförmig, sondern kreisförmig, oval, sechseckig, achteckig, trapezförmig, dreieckig oder quadratisch. Es sind durchweg Formen, bei denen sich die Gemeinde um eine Mitte herum versammeln kann.

Nach außen hin sind viele der modernen Kirchen weniger auffällig gestaltet. Kirchtürme werden häufig vom eigentlichen Kirchengebäude gelöst oder fehlen ganz. Während Kirchtürme charakteristische Kennzeichen fast aller mittelalterlichen Kirchen waren, die mit dem Fingerzeig auf Gott auch den Anspruch der Kirche in der Öffentlichkeit geltend machten, dienen moderne Türme heute eher als Glockenständer und wollen keinen herrschaftlichen Anspruch mehr zum Ausdruck bringen. Auch in dem in modernen Kirchen häufig anzutreffenden Zeltdach kommt das veränderte Selbstverständnis zum Ausdruck: Nicht Zeichen von Macht und Stärke, sondern Sinnbild des wandernden Gottesvolkes, welches von Gott auf seinem Weg beschützt wird, und Orte der Begegnung von Menschen wollen die neuen Kirchen sein.6 

Auch die Einrichtung moderner Kirchen macht ihrerseits die zentrale Stellung der Gemeinde deutlich: Der Altar rückt in größere Nähe zum Hauptraum. Das Taufbecken wird in sichtbarer Verbindung mit dem Kirchenraum aufgestellt. Die Kanzel steht vielfach nur um wenige Stufen erhöht auf einer Ebene mit dem Gottesdienstraum. All diese Maßnahmen verringern den Abstand des Pastors/der Pastorin zur Gemeinde. Sie rücken die Gemeinschaft der Getauften in das Zentrum des Kirchenbaus.

Neben der Priorität der Gemeinde sind moderne Kirchbauten noch von zwei weiteren Kennzeichen geprägt: Um Leere und Stille als die gottesdienstlichen Voraussetzungen zu gewährleisten, hielt man sich bei der künstlerischen Ausgestaltung der Kirchen sehr zurück. Dies führte zu einer gewissen "Purifizierung der Kirchen."7 

Andererseits lässt sich jedoch vor allem nach 1945 eine große architektonische Vielfalt und Aufgeschlossenheit für neue Baumaterialien, z.B. Beton, Stein, Beton, Ziegel, Holz, Stahl oder Glas erkennen. Viele der hier angedeuteten Merkmale lassen sich in der erkundeten Melanchthonkirche in Hannover wiederfinden.

 

Die Melanchthonkirche in Hannover

Die Melanchthonkirche in Hannover/Bult ist eine der jüngsten Kirchen der Stadt. 1961 fertig gestellt und eingeweiht steht sie heute in der Mitte des kleinen Stadtteils auf einem Platz mit altem Baumbestand, leicht erhöht, aber in deutlichem Verbund mit dem zur gleichen Zeit erbauten Glockenturm, dem Pfarrhaus und dem Gemeindebüro. Die Kirche ist durch ihre Bauweise ebenso wie durch den sie umgebenden Platz deutlich als Sakralbau erkennbar. Aber sie ist ein Sakralbau, der die enge Verbindung zur Welt, zum Stadtteil sucht: Sie fügt sich in Gestalt und Material gut in das umliegende Wohnviertel ein und ist mit den anderen Häusern der Gemeinde (Gemeindehaus und Kindergarten) durch den gleichen Klinkerbaustein verbunden.

Über einen stimmungsvollen grünen Platz kommen die Besucher an dem freistehenden Betonkirchturm vorbei, dessen Grundriss die Form eines Kreuzes hat, zur Haupteingangstür. Seit 1988 ist diese Tür ausgestaltet mit Bronzereliefs, die biblische und weltliche Motive unter dem Thema "Angesichts aller Bedrohungen setzen wir auf ein Leben in Glaube und Liebe" zeigen. Über den Türen empfangen die Besucher zwei Sprüche aus dem Johannesevangelium: "Ich bin das Licht der Welt" an der Südseite und "Ich bin das Brot des Lebens" an dem Hauptportal im Westen.

Der Kirchraum selbst ist in Form eines gleichschenkligen Kreuzes gestaltet. Er ist hoch, aber dennoch übersichtlich. Das Gestühl ist um den Taufstein in der Mitte herum angeordnet. Das Dach erhebt sich zeltartig über dem Taufstein. Der Raum wirkt hell, was vor allem an drei großen Fenstern in der Nord-, der Süd- und der Westkonche liegt, deren milchiges Glas das Sonnenlicht und die Bäume dahinter durchscheinen lässt. Die Kirche erhält durch diese Fenster das meiste Licht. Die Klarheit, die von oben auf den Kirchenraum scheint, ist dabei durchaus symbolisch als Klarheit Gottes gemeint. In Augenhöhe des Besucherraumes sind dagegen viele kleinformatige bunte Fenster eingelassen, die mit christlichen Motiven (der siebenarmige Leuchter der jüdischen Tradition, Brot, Ähre etc.) und Satzfragmenten wie "Ich bin", "bei dir", "mit euch" geschmückt sind. Sie durchleuchten, auch dies ist symbolisch gedacht, den unteren, menschlichen Bereich der Kirche und sollen während des Gottesdienstes "Haken zum Aufhängen der Gedanken"8  sein.

Im Mittelpunkt des Gottesdienstraumes steht der mit christlichen Symbolen (Taube, Dreieck mit Auge, Chi und Ro – X und P –, Kreuz auf Golgatha) versehene Taufstein. Wellenförmige Linien verweisen rund um den Marmorstein auf die Taufe. Der nach Osten hin ausgerichtete Altarraum ist relativ dunkel. Lediglich elf bunte kleine Fensterkreuze lassen von jeder Seite aus Licht durch. Die mittelalterliche Symbolik des Altarraums als hellstem Raum der Kirche hat hier ihre prägende Kraft verloren.

Das meiste Licht fällt in dieser Kirche auf den Taufstein. Die Rückwand des Altarraumes füllt ein riesiges schlichtes eichenes Kreuz, das den gekreuzigten Christus in den Mittelpunkt stellt, ohne ihn direkt abzubilden. Davor steht der Natursteinaltar mit einem kleinen Meditationskreuz, Kerzenständern und Blumenschmuck. Kanzel und Lesepult stehen rechts bzw. links vom Altar. Die Kanzel ist nur um so viel erhöht, wie es zur besseren Sichtbarkeit des Predigers/der Predigerin nötig ist.

Obwohl die Kirche auf den ersten Blick schlicht erscheint, so ist für ihren Bau jedoch eine Vielzahl von Materialien verwendet worden: von Basalt und Eichenholz für den Boden, über Beton, Glas, Naturstein, Gold, Bronze und Backstein, was die Kirche lebendig werden lässt. Mir gefällt diese moderne kleine Kirche, die durch ihre Schlichtheit und die Anordnung um ein Zentrum herum einen passenden Rahmen bietet für Stille und Andacht, für die Begegnung mit Gott und mit anderen Menschen der Gemeinde.

Für die Erkundung der Melanchthonkirche setzte ich mir folgende Ziele: Die Schülerinnen und Schüler sollten

  • Elemente von Architektur und Einrichtung der Melanchthonkirche erkunden und sie unter Zuhilfenahme von Informationen grob in die Geschichte des christlichen Kirchenbaus einordnen können (alte Kirchen/moderne Kirchen)
  • die Kirche als einen Ort erfahren, an dem sie einen Platz und Stille finden, an dem sie sich wohlfühlen können
  • ein Interview mit einer Person führen, die den Entstehungsprozess der Kirche mitbekommen und/oder mitgestaltet hat
  • in einer (kreativen) abschließenden Arbeit die Melanchthonkirche in Architektur, Einrichtung und deren Bedeutung so beschreiben, wie sie sich ihnen darstellt
  • für die Architektur und Einrichtung von Kirchen insgesamt sensibilisiert werden und das am Beispiel der Melanchthonkirche erkundete Wissen auf andere Kirchen übertragen können.

Wenn Kirchenpädagogik auf eine sowohl sachliche wie auch emotionale Erschließung eines Kirchenraumes zielt, so braucht es dafür Zeit. Daher habe ich die Einheit für 13 Stunden geplant. Auf einen Einstieg, der eigene Assoziationen zu bislang erlebten Kirchengebäuden wecken sollte, folgte die gemeinsame Erkundung der Kirche. Zunächst erkundeten wir das Gebäude von außen. Dadurch sollten sich die SchülerInnen sowohl emotional dem Kirchengebäude und dem Platz nähern, erste Eindrücke wahrnehmen und formulieren sowie Vermutungen über die von außen sichtbare Gestaltung der Kirche anstellen. Sensibilisiert wurde in dieser Phase auch bereits für die Vielfalt der Materialien sowie für die Ausmaße und die Ausrichtung einer modernen Kirche. Bei der Erkundung des Innenraumes der Kirche ging es immer wieder um die Frage nach der Glaubensaussage, die ihrer Gestaltung zugrunde liegt. Diese Frage sollten die Jugendlichen auch in der anschließenden eigenen Recherche mit einem eigenen Schwerpunkt vertiefen. Dazu bekamen sie die Aufgabe, Interviews mit Menschen zu führen, die an der Gestaltung der Kirche oder einzelner Elemente (z. B. Fenster und Türen) beteiligt waren. Die Ergebnisse dieser Phase sollten zusammen mit denen der vorangegangenen Erkundung in einer abschließenden Arbeit zusammengeführt werden, deren Charakter offen war. Auf diese Weise entstanden schriftliche Arbeiten und Videoclips über die Melanchthonkirche.

Im Einzelnen verlief die Reihe wie folgt:

 

Zum Unterrichtsverlauf

1. Stunde: Assoziationen zu Kirchengebäuden (Einstieg)

  • Phantasiereise (M 1) in eine Kirche nach eigener Vorstellung bei Glocken und Orgelmusik (CD). Notieren der Assoziationen zu dem Kirchengebäude
  • Kurzer Austausch über die Erfahrungen mit der Methode und der Art des Erlebens
  • Sch. schreiben ihre Assoziationen zu Kirchengebäuden an die Tafel
  • Sch. sichten die Assoziationen der anderen und äußern ihre Eindrücke
  • Sch. ordnen positive und negative Assoziationen und äußern Gründe dafür, anschließendes Gespräch

 

2. Stunde: Außenbegehung der Melanchthonkirche

  • Begrüßung, kurze Orientierung in den Gebäuden der Gemeinde
  • Erkundung des Außengeländes der Kirche mit Hilfe des Erkundungsbogen (M 2), Kompass, Schnüre zum Ausmessen der Kirche
  • Tee im Gemeindehaus

 

3. Stunde: Auswertung der Außenbegehung

  • Aufzeichnen des Grundrisses und Ausrichtung der Kirche auf einem großen Blatt, Zuordnung der Materialien aus dem "Kirchenkorb": Backstein, Beton, Bronze, Gold, Kupfer, Basalt, Klarglas und buntem Glas, Holz (im Stuhlkreis)
  • Sch. bekommen ein Arbeitsblatt mit dem unausgefüllten Grundriss der Kirche und tragen in Einzelarbeit Himmelsrichtungen und Materialien dort ein
  • Sch. zeichnen in Einzelarbeit Grundrisse von ihnen bekannten Kirchen aus der Erinnerung auf
  • Sch. malen (ebenfalls in Einzelarbeit) verschiedene Grundrisse an die Tafel
  • Klärung von Fachausdrücken wie Hauptschiff, Seitenschiff, Langhaus, Querhaus, Chor usw.
  • Sch. vergleichen diese Grundrisse mit dem der Melanchthonkirche und entwickeln Hypothesen über Gründe für die Unterschiede, Ergebnisse werden an der Tafel festgehalten
  • Hausaufgabe: Sch. lesen einen Text über Ausrichtung und Grundrisse alter Kirchen (M 4) und beantworten folgende Fragen zum Text:
  1. Was erfährst du über Grundriss und Ausrichtung alter Kirchen?
  2. Was trifft davon auf die Melanchthonkirche zu?

 

4. Stunde: Auswertung der Außenbegehung

  • Klärung von Fragen zum Text
  • Ausgehend von der Hausaufgabe stellen die Sch. in Partnerarbeit Merkmale mittelalterlicher und moderner Kirchen einander gegenüber und versuchen, Erklärungen für offene Fragen zu finden (M 4)
  • Präsentation der Ergebnisse an der Tafel
  • Besprechung der Antworten auf dem Fragebogen zum Thema Turm, Fenster, Verhältnis Melanchthonkirche – Stadtviertel (M 2)
  • Sch. tragen in Einzelarbeit in den leeren Grundriss der Kirche ihre Vermutung über die Inneinrichtung der Kirche ein

 

5.– 6. Stunde: Innenbegehung der Melanchthonkirche

  • Begrüßung vor der Kirche, kurze Erläuterung des Verlaufs der Erkundung
  • Erkundung der Kirche mit Fragebögen (M 3), Ablegen von roten und gelben Karten zur Bekundung von Interesse und Verwunderung, bzw. Unverständnis oder Ablehnung
  • Selbstbestimmte Führung entlang der von den Sch. gelegten Karten
  • Sch. suchen sich mit einer Kerze einen Lieblingsplatz in der Kirche, dort vollenden sie je für sich bei Musik (z. B. Flötenmusik von Hans-Jürgen Hufeisen) einen der Satzanfänge aus den Fenstern
  • Sch. tragen ihre Sätze um den Taufstein herum stehend vor
  • Sch. suchen sich eine der Postkarten der Melanchthonkirche aus

 

7. Stunde: Auswertung der Innenbegehung

  • bei Musik richten die Sch. die Melanchthonkirche auf dem Grundriss ein, korrigieren ggf. Vermutungen und tragen ihren Lieblingsplatz ein (CD-Player, Hufeisen)
  • Anhand des an die Tafel gezeichneten Grundrisses werden die offenen Fragen des Fragebogens geklärt:
    · Räume der Kirche
    · Inventar und dessen Zweck
    · Materialien
    · erster Eindruck von der Kirche und dessen Veränderung
    · Schritt in der Kirche
    · Lieblingsplatz
    · Postkarte
  • Hausaufgabe: Beschäftigung mit den Bronzereliefs der Türen

 

8. Stunde: Die Türen der Melanchthonkirche

  • Vier Sch. bekommen unterschiedliche Schlüssel und überlegen, zu welchen Türen sie wohl passen könnten
  • Impuls: Wozu sind Türen da? Ergebnisse werden auf der Tafel festgehalten
  • Welche Funktionen treffen auch auf Kirchentüren zu? (Tafelnotizen)
  • Gespräch über die persönlichen Eindrücke der Schüler und Schülerinnen von den Reliefs
  • Betrachten von vier Motiven der Türen (OHP), Klärung der Bezüge anhand der Hausaufgabe zur Stunde
  • Einordnen der Motive in die Symbolsprache von Kirchen
  • Motto der Türen der Melanchthonkirche: "Angesichts aller Bedrohungen setzen wir auf ein Leben in Glaube und Liebe" – Sch. versuchen eine Interpretation der Türen anhand ihres Mottos

 

9. Kirchen erzählen vom Glauben

  • stummer Impuls durch ein Zitat an der Tafel:
    Kirchenräume erzählen vom Glauben
    "Kirchenräume sind Auslegung der biblischen Botschaft, Stein gewordene Verkündigung, sie erzählen vom Glauben und haben darum Verweischarakter auf etwas, das außerhalb von ihnen selbst liegt."9
  • Sch. kommentieren das Zitat, L hält Kommentare wortlos an der Tafel fest
  • Arbeitsauftrag zur Gruppenarbeitsphase: Was erzählt die Melanchthonkirche vom Glauben?
    Aushändigen von M 5 und der Festschrift der Melanchthongemeinde
    erste Absprachen in den Gruppen

 

10.-12. Stunde: Recherche

Sch. arbeiten in Eigenregie in ihren Gruppen

13. Stunde: Präsentation der Ergebnisse

14. Stunde: Zusammenführen der Ergebnisse

 

Fazit

Die Unterrichtsreihe hat sowohl mir als auch den meisten Schülerinnen und Schülern viel Spaß gemacht. Sie haben sich mehrheitlich neugierig auf den Lernort Kirche eingelassen. Ihre zu meiner Überraschung bereits zu Beginn der Reihe positive Grundhaltung gegenüber Kirchengebäuden hat durch die ganze Reihe getragen und sich vertiefen können. Daher waren die Feed-Backs der Schülerinnen und Schüler zum großen Teil positiv. Alle fanden es sehr gut, die Schule zum Lernen verlassen zu haben. Alle konnten spontan inhaltlich einige Punkte angeben, an denen sie etwas über die Ausgestaltung von Kirchen gelernt haben. Die meisten glaubten auch, Kirchen in Zukunft anders wahrnehmen zu können und stärker für die Bedeutung ihrer Architektur und Einrichtung sensibilisiert zu sein.

Dennoch hat die Reihe verschiedene Schüler sehr unterschiedlich angesprochen. Einige Jungen haben besonders die Erkundung des Außengeländes als "Rallye" wahrgenommen und eifrig gemessen und Fenster gezählt. Vor allem die Mädchen haben sich intensiv auf die Erkundung des Innenraumes eingelassen und eine emotionale Beziehung zu dem Kirchenraum aufgebaut, die sich dann auch in ihren Endprodukten widergespiegelt hat. Einige Schülerinnen und Schüler haben dagegen die Methoden, die auf eine emotionale Identifikation mit dem Kirchenraum zielten, als Spielerei abgetan. Um gerade auch Jungen mit kirchenpädagogischen Arbeiten anzusprechen, erscheint es mir daher notwendig, zum einen Elemente von Abenteuer in eine Erkundung einzubauen (z. B. eine Kirchturmbegehung, die Erkundung sonst unzugänglicher Räume etc.) und zum anderen durch Methoden der verlangsamten Wahrnehmung auch die Jungen zur Wahrnehmung ihrer Eindrücke und behutsam auch zu deren Äußerung zu befähigen.

In der Phase der Interviews und Eigenrecherche haben einige hervorragende Ergebnisse erzielt und technisch wie inhaltlich brillante Videoclips erstellt oder sehr reflektierte Arbeiten geschrieben, während andere Mühe hatten, ihre Eindrücke zu bündeln und geordnet darzustellen. Gerade an diesem Punkt zeigte sich, dass kirchenpädagogisches Arbeiten durchaus auch für diese Altersgruppe sehr anspruchsvoll sein kann. Die Anforderungen lagen hier vor allem in der Eigenständigkeit, die ihnen die eigenen Erkundungen, die Recherche und die Abschlussarbeit abverlangt haben. Sie haben einige Schülerinnen und Schüler über ihr sonstiges Engagement hinaus zur Mitarbeit bewegt, mögen aber für andere auch zu hoch gewesen sein.

Auch der Lehrkraft verlangt eine Kirchenerkundung einiges ab. Neben der vorauszusetzenden Kenntnis kirchenpädagogischer Methoden und Grundsätze ist ein hohes Maß an Wissen erforderlich, sowohl was die Grundlinien von Architektur- und Einrichtungsgeschichte von Kirchen als auch was die genaue Kenntnis der zu begehenden Kirche und ihrer Geschichte vor Ort angeht.

Zur Vorbereitung gehört neben ausführlichen eigenen Kirchenbegehungen auch das Stöbern im Gemeindearchiv, der Erwerb von Grundrissen und Planungszeichnungen, von Gemeindechronik und Gemeindebriefen, das Sprechen mit älteren Menschen der Gemeinde, das Auftreiben der beim Bau der Kirche verwendeten Materialien, der Erwerb von Kompassen etc. Zum anderen aber habe ich es als hohe Anforderung erlebt, die eigene Rolle als Lehrperson durch das Arbeiten in der Kirche mit kirchenpädagogischen Methoden und durch die Projektarbeit um weitere Facetten zu ergänzen. So bestand während der gesamten Einheit meine Rolle darin, sowohl Informationsquelle als auch Moderatorin zu sein, Lernberaterin und Korrigierende, Leiterin und Strukturierende des Unterrichtsgespräches, Mahnerin zur Einhaltung der "Arbeitsmoral" und Bahnerin der Infrastruktur (Suche der Interviewpartner, zusätzliche Öffnung der Kirche für die Filmarbeiten nach Bedarf, etc.) zu sein, aber auch darin, Regisseurin und Liturgin während der Kirchenbegehung zu sein. Genau dies macht aber auch das kirchenpädagogische Arbeiten so interessant.

Mir jedenfalls ging es ähnlich wie einer Schülerin, die als Fazit ihrer Abschlussarbeit ihren eigenen Blick auf den Kirchraum reflektierte: "Vielleicht sieht man jetzt die Kirche auch als etwas anderes an, als nur als Haus Gottes, sondern auch als richtiges Kunstwerk. Ich werde jetzt jedenfalls immer, wenn ich eine neue Kirche betrete, sie mit ganz anderen Augen betrachten als sonst. Da ich hierdurch erst einmal festgestellt habe, dass alles aus einem bestimmten Grund so erbaut wurde, wie es heute ist.

M 1

Phantasiereise in eine Kirche

Mach es dir bequem. Wenn du möchtest, kannst du den Kopf auf die Arme legen. Schließe die Augen. Du siehst nichts mehr, nur noch die Bilder, die du vor deinen Augen hast. Du hörst nur noch: deinen Atem, Geräusche von draußen.

Stell dir jetzt einen Weg vor. Du gehst ihn entlang. Vielleicht ist es ein kleiner Weg, vielleicht eine große Straße. Große Bäume stehen am Rand oder kleine Büsche. Ist der Weg von Autos befahren? Stehen Häuser am Straßenrand? Ist es staubig oder regnerisch, kalt oder warm? Du gehst ohne Ziel. Langsam. Dann hörst du ein Geräusch.

(Kirchenglocken von der CD)

Du gehst in die Richtung, aus der du die Glocken hörst. Dann siehst du eine Kirche.

Ist sie alt oder neu? Ist sie aus Backstein? Aus Marmor? Aus Beton? Ist sie rot, schwarz, grau? Groß oder klein?

Immer näher kommst du auf die Kirche zu. Du gehst über einen Platz auf sie zu. Wie sieht der Platz aus? Stehen dort Bäume? Ist er mit Steinen gepflastert? Stehen viele andere Häuser an dem Platz, oder steht die Kirche alleine da? Ist er belebt oder verlassen?

Du gehst auf die Tür der Kirche zu. Sie ist schwer. Ist sie aus Bronze? Aus Glas? Was siehst du auf der Tür?

Dann betrittst du die Kirche. Welcher Geruch schlägt dir entgegen? Ist es dunkel oder hell? Was siehst du in der Kirche?

Du suchst dir einen Platz in der Kirche und setzt dich bequem hin.

Dann hörst du Musik. (Orgelmusik von der CD)

Du gehst wieder zum Ausgang, drückst die schwere Tür auf und gehst ins Freie.

Deine Augen gewöhnen sich erst langsam wieder an das helle Licht. Du reibst dir die Augen und machst dich auf den Weg nach Hause.

Nimm dir jetzt ein Blatt und schreibe die Adjektive auf, die dir zu der Kirche einfallen, die du gesehen hast. Es sollten mindestens drei, gern auch mehr sein. Wenn du fertig bist, leg den Stift hin.

 

M 2

Erkundung der Melanchthonkirche, Hannover – die Außenbegehung

Versuche, dich auf diese Erkundung einzulassen. Gehe alleine los. Jeder nimmt eine Kirche anders wahr. Deiner Wahrnehmung kannst du am besten alleine nachgehen. Später haben wir Gelegenheit dazu, uns gemeinsam über unsere Eindrücke auszutauschen. Wenn du mit den Aufgaben 1-9 fertig bist, komme zum Turm zurück. Die Aufgabe 10 bearbeitet ihr dann zu zweit oder zu dritt.

1. Gehe in deinem Tempo zunächst auf dem Gelände der Kirche herum. Was fällt dir auf? Achte auch auf die Gestaltung des Platzes, auf Pflanzen, auf die Stimmung.

2. Sieh dir nun den Kirchturm näher an. Vollende den Satz: Der Kirchturm ist wie ... 

3. Gehe nun um die Kirche herum und betrachte sie. Achte besonders auf die Materialien, die beim Bau verwendet wurden.

4. Wie viele Fenster zählst du? Was kannst du von ihrer Gestaltung erkennen?

5. Betrachte die Reliefs an den Eingangstüren. Welche Bilder kannst du erkennen? Welches gefällt dir am besten? Warum?

6. Kannst du die Sprüche über den Türen mit den Reliefs in Verbindung bringen?

7. Was verstehst du nicht?

8. Was sagen dir Art und Ort der Kirche über ihr Verhältnis zu dem Stadtviertel und ihren Bewohnern? Über die Lage der Kirche im Viertel kannst du dich auf einem Stadtplan informieren.

9. Suche dir eine Ansicht der Kirche, die dir gefällt, oder ein Detail, das du interessant findest. Fertige eine Zeichnung davon an, oder schreibe deine Gedanken dazu auf.

10. Zeichnet den Grundriss der Kirche. Tragt Maße und Himmelsrichtungen ein. Dazu könnt ihr euch einen Kompass und einen zwei Meter langen Bindfaden holen.

 

M 3

Erkundung der Melanchthonkirche, Hannover – der Kirchenraum

Gehe deinen eigenen Weg durch die Kirche und sammle Entdeckungen, die dir bei der Antwort auf die folgenden Fragen helfen.

Auf deinem Weg kannst du an einzelnen Orten Karten hinterlegen.

Eine gelbe Karte legst du dahin, wo dir etwas bemerkenswert (schön, hässlich, interessant) erscheint. Du kannst mit einem Stichwort notieren, worauf sich dein Interesse bezieht.

Eine rote Karte legst du dahin, wo dir etwas unklar ist.

Später werden wir anhand der Karten noch einmal gemeinsam durch die Kirche gehen.

1. Wenn du in die Kirche kommst, wie ist dein erster Eindruck?

Ist sie eher groß oder klein, dunkel oder hell, warm oder kalt, lebendig oder tot?

2. Welche unterschiedlichen Räume gibt es in der Kirche und wozu sind sie da?

3. Was ist zu welchem Zweck in der Kirche?

4. Welche Materialien wurden für die Innenausstattung der Kirche verwendet?

5. Sieh dir die Fenster an. Welche Farben und welche Motive fallen dir auf?

6. Vollende drei Satzanfänge in den Fenstern, wie sie dir sinnvoll erscheinen:

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________________________________________________________________

 

7. Wie gehst du durch diese Kirche? Kannst du feststellen, dass sich dein Schritt an bestimmten Stellen verändert?

Wenn ja, wo? Und hast du eine Idee, warum das so sein könnte?

8. Wenn du die Klangschale hörst, treffen wir uns alle wieder am Taufstein.

 

 

M 4

Eine kurze Geschichte christlicher Kirchbauten... – Teil I

Seitdem das Christentum im 4. Jahrhundert nach Christus zur Staatsreligion wurde, sind viele christliche Kirchen gebaut worden. Die Art ihrer Bauweise hat sich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder verändert. Es lassen sich aber auch Konstanten ausmachen. Der folgende Text will eine Linie in der Entwicklung christlicher Kirchbauten aufzeigen:

Grundriss und Ausrichtung alter Kirchen

Schon die ersten christlichen Kirchen hatten Gestaltungsmerkmale, die für viele Jahrhunderte den christlichen Kirchbau bestimmten: Das Langhaus eines Kirchenschiffes, das den Eingang der Kirche mit dem Altar verband, kreuzte sich mit einem Querhaus, das zwischen Chorraum und Langhaus eingeschoben wurde. Damit entstand der für mittelalterliche Kirchen charakteristische Grundriss eines Kreuzes, der zugleich auch als liegende menschliche Figur bzw. als Gekreuzigter interpretiert werden kann.

Seit dem vierten Jahrhundert sind christliche Kirchen zumeist mit dem Altar nach Osten ausgerichtet, d.h. sie sind geostet. Warum? – Osten ist die Himmelsrichtung der aufgehenden Sonne. Am Ostermorgen ist Maria Magdalena an Jesu Grab im ersten anbrechenden Licht des Tages dem auferstandenen Jesus begegnet (Joh 20). Wenn Kirchen geostet sind, so sind sie auf diese Erfahrung hin ausgerichtet. Hier soll das "Licht der Welt" (Joh 8,12) erfahrbar werden. Dementsprechend ist in mittelalterlichen Kirchen der im Osten gelegen Chorraum der hellste und auch am aufwendigsten gestaltete Bereich. Der Westen als Bereich der untergehenden Sonne symbolisierte dagegen Erfahrungen von Angst, Tod und Vergänglichkeit. Oft ist er noch heute der dunkelste Bereich einer Kirche. Wer eine alte Kirche im Westen betritt, geht auch heute noch vom Dunklen zum Licht. Der Turm vieler alter Kirchen steht entsprechend dieser Symbolik im Westen und soll dort die Mächte der Finsternis abwehren.

Die Süd- und Sonnenseite mittelalterlicher Kirchen ist oft mit Motiven des Neuen Testamentes ausgestaltet, während die Nord- und Schattenseite oft Motive des Alten Testamentes trägt.

 

M 5

 

Eine kurze Geschichte christlicher Kirchbauten... – Teil II

Die mittelalterlichen Kirchen wurden gebaut zur Ehre Gottes. Die Abbildung seines Himmelreiches war das Programm für die Gestaltung vieler Kirchen dieser Zeit. Für die Anbetung Gottes, für die Priester und für die gläubige Gemeinde waren dabei jeweils spezielle Orte in der Kirche vorgesehen. So war es beispielsweise allein den Priestern, als Mittlern zwischen Gott und den Menschen, vorbehalten, den Altarraum betreten zu können, während die Gemeinde ihnen bei ihrer Zelebration am Altar nur von Ferne aus dem für sie vorgesehenen Kirchenschiff zusah.

Diese starke Ausrichtung auf die (durch Priester vermittelte) Beziehung des Einzelnen zu Gott verlor sich in dem modernen Kirchenbau des 20. Jahrhunderts. Hier stand weniger die Beziehung Mensch-Gott als vielmehr die Gemeinde selbst im Vordergrund. Kirchen, die in dieser Zeit gebaut wurden, wollten durch ihre Architektur und Einrichtung ermöglichen, dass die Gemeinde aktiver am Gottesdienstgeschehen teilnehmen und sich die KirchenbesucherInnen gegenseitig wahrnehmen können. Deswegen wurde der Altar nicht mehr von der Gemeinde entfernt in einen großen Chorraum, sondern in größere Nähe zum Hauptraum der Kirche gestellt. Und deswegen wurden für moderne Kirchräume Grundrisse gewählt, bei denen sich eine Gemeinde um eine Mitte herum versammeln kann. Daher wurden die Grundrisse kreisförmig, oval, sechseckig, achteckig, trapezförmig, dreieckig oder quadratisch.

Nach außen hin sind viele der modernen Kirchen weniger auffällig gestaltet und fügen sich dementsprechend unauffälliger in ihre Umgebung ein. Kirchtürme werden häufig vom Kirchraum gelöst oder fehlen ganz. Während Kirchtürme charakteristische Kennzeichen fast aller mittelalterlichen Kirchen waren, die symbolisch auf Gott verwiesen und den Anspruch der Kirche in der Öffentlichkeit geltend machten, sind moderne Türme heute eher Glockenständer und wollen keinen herrschaftlichen Anspruch mehr zum Ausdruck bringen.

Auch die Form eines Zeltdaches vieler moderner Kirchen zeigt ein verändertes Selbstverständnis: Nicht Ausdruck von Macht und Stärke, sondern Sinnbild des wandernden Gottesvolkes, welches von Gott auf seinem Weg beschützt wird, sollen die neuen Kirchen sein. Bei den Baumaterialien zeigt sich bei den modernen Kirche eine größere Vielfalt: Stein, Beton, Ziegel, Holz, Stahl und Glas werden vielfach verwandt.


 Anmerkungen

  1. Heiner Barz: Postmoderne Religion. Am Beispiel der jungen Generation in den Alten Bundesländern, Opladen 1992, S. 58 f.
  2. So die Schätzung von Uwe Koß: Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler der EKD.
  3. Die Kirchenpädagogik ist ein seit den achtziger Jahren entstandener Bereich der Religionspädagogik. Zu seiner Entwicklung und Ausdifferenzierung vgl. Birgit Neumann, Antje Rösener: Zwanzig Jahre Kirchenpädagogik im Überblick, in: Birgit Neumann/ Antje Rösener: Kirchenpädagogik. Kirchen öffnen, entdecken und verstehen. Ein Arbeitsbuch, Gütersloh 2003, S. 41-47
  4. Vgl. hierzu Thomas Klie (Hg.): Der Religion Raum geben. Eine kirchenpädagogische Praxishilfe, Loccum 1999
  5. Vgl. hierzu auch Friedrich Schweitzer: Die Suche nach eigenem Glauben. Einführung in die Religionspädagogik des Jugendalters, Gütersloh 1996, S. 25-36
  6. Vgl. Anette Bliss: Gott im Spiegel von Kirchräumen begreifen, in: Kirchenpädagogik und Religionsunterricht, hg. von Thomas Klie, Loccum 2001, S. 91. Für die seit den siebziger Jahren gebauten Gemeindezentren gelten die hier genannten Charakterisierungen moderner Kirchen nur zum Teil.
  7. Horst Schwebel: Kirchenbau und kirchliche Kunst – ein pastoraltheologisches Handlungsfeld? in: Kirchliche Handlungsfelder 9, hg. von Robert Blühm, Stuttgart 1993, S. 193.
  8. So der ehemalige Pastor der Gemeinde, Herr Parisius, in einem Interview.
  9. Klaus Nagorni: Heiliges Zelt oder heiliges Haus? Zur Theologie des Kirchenraumes, in: Sakrale Räume. Kirchenräume im Spannungsfeld zwischen Tradition, Funktion und Vision, Herrenalber Protokolle 114, hg. von Evangelische Akademie Baden, 2003, S. 17

Text erschienen im Loccumer Pelikan 2/2005

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