'Gamer-Szenen'

von Steffen Marklein

 

Computerspiele gehören heute zur selbstverständlichen Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen. Das weite Spektrum reicht von Spiel- und Lernsoftware im Vorschulalter bis hin zu komplexen Strategie- und Actionspielen, die von Jugendlichen und auch Erwachsenen mit Faszination und Ausdauer am heimischen Computer, auf LAN-Partys1 oder weltweit im Internet gespielt werden. Die Gamer-Szene der Computerspielbegeisterten ist in den letzten Jahren besonders durch die gewalthaltigen Ego-Shooter2 in Verruf geraten. Neben Bedenkenträgern, die grundsätzlich eine zunehmende Mediatisierung der Gesellschaft beklagen, wird in der Öffentlichkeit besonders die Sorge formuliert, dass viele Computerspiele für Jugendliche gefährlich, zumindest von zweifelhaftem Einfluss auf die Entwicklung und Festigung von Wertmaßstäben sowie das moralische Handeln sind.

Auch wenn ein monokausaler Zusammenhang zwischen Computerspiel und realem Handeln nach wie vor nicht nachweisbar ist3, so muss man trotzdem feststellen, dass die Amokläufe von Littleton (1999) und Erfurt (2002) eine wichtige Signalwirkung für eine breite gesellschaftliche Diskussion gehabt haben. Sie ist bis heute nicht abgeschlossen, hat aber bereits zu spürbaren Veränderungen geführt wie z.B. bei der Altersfreigabe von Spielen. Wichtige Internetadressen, die hierüber Auskunft erteilen, sind die zentrale Einrichtung der Bundesländer zur Wahrung des Jugendschutzes im Internet (www.jugendschutz.net) sowie die Selbstkontrolleinrichtung der Unterhaltungssoftware für Bildschirmspiele (USK), die gemäß des Jugendschutzgesetzes § 14 fünf Alterskennzeichnungen vergibt, ohne die kein Bildschirmspiel öffentlich angeboten werden darf (www.usk.de). Zusätzlich bieten sowohl die dem Bundesjugendministerium nach geordnete Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) grundlegende Informationen (www.bundespruef-stelle.de) sowie die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (www.afm.de/gem_stellen/gem_stellen_kjm.htm), deren Geschäftsstelle neu in Erfurt eingerichtet wurde.

Die Gamer-Szene selbst freilich ist so lebendig wie eh und je und nur wenige Außenstehende kennen wirklich die Hitliste der verbreiteten Spiele. Statt die Welt der spielbegeisterten Jugendlichen zu verstehen und mit ihnen im Gespräch zu bleiben, wächst die Gefahr gegenseitiger Verdächtigungen, Vorurteile und Klischees. Einige Internetadressen können hier Abhilfe schaffen, indem sie sowohl die Computerspiele selbst als auch die Strukturen und das eigene Selbstverständnis der Computerspielszene beleuchten4. Als eine Hauptadresse, die ausführlich über Computerspiele, ihre Geschichten und Bewertungen informiert, gilt die Plattform Krawall (www.krawall.de).

Hier werden von Gamern selbst fast alle gängigen Spiele besprochen und bewertet. Gefragt wird u.a. nach der "Story", dem Spielspaß, dem Schwierigkeitsgrad und dem Design. Außerdem werden problematische Themen wie Gewalt, Rassismus, Sexismus, Rechtsradikalismus u.ä. von Spielern dargestellt und beurteilt. Zahlreiche Links führen in weitere Bereiche wie z.B. in die nationalen und internationalen Clan- , Ligen- und Turnierszenen (www.espl-europe.net; www.planetpod.de; www.clanbase.com; www.thecpl.com oder www.planetlan.de).

In eine eigene Diskussion wird man mit der Adresse www.gamergegengewalt.de eingeführt. Die Initiative von Clans und Einzelpersonen namens G3, unterstützt von zahlreichen Firmen und Websites, weist das Vorurteil vieler Kritiker zurück, dass gewalthaltige Computerspiele die Gewaltbereitschaft der Spielenden fördern. Die Kampagne kann dazu beitragen, dass Spieler und ihre Kritiker nicht nur über-, sondern miteinander reden und so die unterschiedlichen Auffassungen und Erfahrungen über die Wirkung und Bedeutung von Gewalt in Computerspielen in ein konstruktives Gespräch

einbringen. Viele Computerspiel-Zeitschriften, allen voran wohl "GameStar", geben ebenfalls vielfältige Einblicke in die Welt der Computerspiele. Dabei sollte einem bewusst bleiben, dass hier unübersehbar kommerzielle Interessen der Spielproduzenten mit vertreten werden (www.game-star.de; www.pcgames.de u.a.m.). Selbstverständlich findet man auch zu fast jedem Computerspiel eine Homepage des Herstellers oder Vertreibers (z.B. Counter-Strike: www.counter-strike.net oder Quake 2: http://action.telefragged.com). Das Gespräch darf nicht abreißen zwischen einer fremden Jugendszene und einer Erwachsenenwelt, die ihre erzieherische und pädagogische Verantwortung im Miteinander von Freiheit und Verstehen wahrnehmen will. Ohne selbst zum Gamer werden zu müssen, ist es gut, dieser Szene einmal über die Schulter zu schauen.

 

Literaturtipp

  • Mathias Mertens/ Tobias O.Meißner, Wir waren SPACE INVADERS, 2002;
  • Rainer Fromm, Digital spielen – real morden? 2. Aufl., 2003.

Text erschienen im Loccumer Pelikan 2/2004

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