Einbindung der Konfliktlotsen an den Berufsbildenden Schulen und im Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck

von Hans-Jürgen Bollmann

 

Ein kleiner Rückblick:

Über eine Präsentationsveranstaltung wurde im Jahr 1999 das kombinierte Modell von »Schritte gegen Tritte« (Auskunft Klaus J. Burckhardt, ELM) und der Mediationsstelle Brückenschlag e. V. in Lüneburg (Auskunft Frank Beckmann) kennen gelernt. Nach längerem Überlegen hinsichtlich der Finanzierung und dem Entgegenkommen der Kreissparkasse Osterholz mit deren Jugendstiftung, fiel die Entscheidung für einen dreiteiligen Pionierversuch (gab es bis dato noch nicht an Berufsschulen).
Bei der Kombination von »Schritte gegen Tritte« und Brückenschlag e. V. geht es im ersten Teil um ein Sensibilisieren der Schüler für das Thema Gewalt und das Erlernen von Zivilcouragestrategien. Die Verbindung mit der Konfliktlotsenausbildung durch die Mediationsstelle soll im zweiten Teil die Schüler befähigen, konstruktiv mit Konflikten im Schulalltag umzugehen.
Die Dreiteilung erstreckte sich über einen Zeitraum vom März – November 2000.
1. März und Mai 2000
: Schulinterne Fortbildung (fand zweimal mit jeweils 25 Leuten aus Kollegium, SOS-Beratungsstelle, Kirchenkreis und Polizei statt).
2. Ende August/Anfang September 200
0: »Schritte gegen Tritte« (ca. zwei- bis drei Wochen mit 14 verschiedenen Klassen, pro Tag eine Klasse und einer großen Präsentationsveranstaltung der teilnehmenden Klassen Ende September).
3. November 2000
: Konfliktlotsenseminarwoche mit 20 ausgewählten Schülern und Schülerinnen, 5 Kollegen und Kolleginnen und zwei Mitarbeitern der Mediationsstelle Brückenschlag e. V.
Parallel zur Durchführung wurde im Vorfeld das Votum der Gesamtkonferenz eingeholt und mit der »Kollegialen Schulleitung« eine Einbindung in den Schulalltag geplant und abgesprochen.
Ende November 2000
: Die Gesamtkonferenz entscheidet fast einstimmig die Installierung der Konfliktlotsengruppe an den Berufsbildenden Schulen Osterholz-Scharmbeck. (Durch Verbindungen zur Jugendarbeit im Kirchenkreis werden einige Jugendliche aus der Konfliktlotsengruppe auch in diesem Arbeitsbereich als Konfliktlotsen tätig.)
November 2001
: Die Konfliktlotsengruppe fährt mit alten und neuen Konfliktlotsen erneut zur Seminarwoche.

 

Die Arbeit der Konfliktlotsen:

– Zwei bis drei Konfliktlotsen sind an den zwei Schulstandorten jeweils in den ersten großen Pausen im Konfliktlotsenraum präsent.
– Die Konfliktlotsen treffen sich regelmäßig alle drei Wochen, um organisatorische Dinge zu besprechen und Mediationsmethoden zu trainieren und zu festigen.
– Die regelmäßigen Treffen werden durch die vier ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen (Coaches) vorbereitet. (Zum Coaches-Team gehört auch der Schulsozialarbeiter Jürgen Vogt, der zudem eine Mediatorenausbildung abgeschlossen hat.)
– Die Konfliktlotsen begleiten reale Konfliktfälle nach dem erlernten Fünf-Phasen-Mediationsmodell.
– Werbung (Flyer/Plakate/Homepage)

 

Umsetzung im Schulalltag (und Schwierigkeiten):

Der Charakter einer Bündelschule macht eine Festlegung der regelmäßigen Treffen im Stundenplan unmöglich. Die Gruppe muss ausweichen auf die Schiene 9. – 10.Stunde. Die hochmotivierten Schüler und Schülerinnen kommen nachmittags nicht problemlos nach Haus. Zudem jobben einige oder sind zu ihrem Engagement auch noch in einigen anderen Institutionen aktiv. Es entsteht ein harter Kern von ca. 8 Leuten, die sich regelmäßig treffen. Reale Fälle beanspruchen einige Zeit der Vorbereitung und müssen im Vormittagsbereich bearbeitet werden, da die Konfliktparteien sonst weg sind. Das bedeutet für die Konfliktlotsen, dass sie Unterrichtsinhalte verpassen und mit der jeweiligen Lehrkraft ihre Einsätze abzusprechen haben. Die Einsätze dauern ca. 50 Minuten. Rückmeldungen sind für ein gutes Arbeitsklima dringend erforderlich. In diesem Zusammenhang ist es möglich, sich auf das zustimmende Votum der Gesamtkonferenz zu beziehen. Manche Sitzungen ziehen weitere Schlichtungsangebote nach sich, was dann wiederum durch dieselben Konfliktlotsen geschieht, da nur diese den Fall kennen.
Ein Großteil der Fälle wird über den Schulsozialarbeiter an die Konfliktlotsengruppe vermittelt, wobei aber die Akzeptanz des Schulsozialarbeiters eine große Rolle spielt. Die Präsenz der Konfliktlotsen im Konfliktlotsenraum wird von Schülern und Schülerinnen nicht entsprechend wahrgenommen.
Mit Schuljahresende verabschiedet sich ein Großteil der Konfliktlotsen, das Team muss wieder aufgestockt werden, von 20 Konfliktlotsen bleiben noch sieben.
Diese sind aber bereit, sich aktiv auch an der im November 2001 stattfindenden Schulung selbst einzubringen und ansatzweise die Leitung zu übernehmen.
Die Werbung im neuen Schuljahr 2001/02 erfolgt durch kurze Anspiele eines Richter- und Vermittlerrollenspieles.
Auf ein neues »Schritte gegen Tritte«-Programm wird vorerst verzichtet, könnte aber trotzdem unabhängig davon laufen. Die Werbung übernehmen entweder die Coaches oder die Konfliktlotsen, je nach Zeit.
Bei der Wahl neuer Konfliktlotsen empfiehlt es sich, Klassen anzusprechen, die sich gut motivieren lassen und die länger als ein Jahr an der Schule sind. Hervorragend eignen sich die Vorstufen des Fachgymnasiums und die Sozialassistenten- und Erzieherklassen.
Die Planung der Seminarwoche im November 2001 in eigener Regie erfordert sehr viel Zeit. Überhaupt ist im Kollegium abzusprechen, ob für diese Projektarbeit Anrechnungsstunden vergeben werden sollen. Wobei darauf zu achten ist, dass nicht bereits abgesprochene Regelungen nach längerer Zeit in Frage gestellt werden.

 

Einbindung der Konfliktlotsen in Disziplinierungsmaßnahmen:

Die Anregung, die Konfliktlotsen aufzusuchen, kann in bestimmten Fällen von Disziplinierungsmaßnahmen einer Klassenkonferenz vorgeschaltet werden. Ergebnisse aus dem Schlichtungsgespräch werden nur bei Einverständnis der Streitparteien in die Klassenkonferenz gegeben.

Kontaktadressen:

Hans Jürgen Bollmann (Berufsschulpastor),
Jürgen Vogt (Schulsozialarbeiter)
Berufsbildende Schulen Osterholz-Scharmbeck, Am Osterholze 2, 27711 Osterholz-Scharmbeck, Tel.: 04791-5001, E-Mail: h.bollmann@bossmail.de, oder juergenvogtbbsohz@gmx.net

Mediationsstelle Brückenschlag e. V.
Vermittlung im Konflikt, Am Sande 50, 21335 Lüneburg, Tel./Fax: 04131-42211

Pfr. Klaus J. Burckhardt
Beauftragter des Ev.-luth. Missionswerks i. N. (ELM) für Mission & Ökumene in der Landeskirche Braunschweig, Leonhardstr. 39, 38102 Braunschweig
Tel.: 0531-2702866 oder 71902, Fax: 0531-797729
E-Mail: KJBURCK@aol.com; Homepage mit aktuellen Updates. http://bs.cyty.com/elmbs/schritte

Text erschienen im Loccumer Pelikan 2/2002

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