Haltung! – Plädoyer für die Arbeit am Selbst in der Lehrerbildung

Von Dietmar Peter

 

In aktuellen (schul-)pädagogischen Diskussionen taucht seit einigen Jahren immer wieder der Begriff „Haltung“ auf. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema „Inklusion“ wird von Lehrkräften gefordert, die „richtige Haltung“ oder gar die „richtige Grundhaltung“ zu haben, zu wahren oder zu zeigen.1 Gelingt dieses nicht, wird eine „falsche Haltung“ als Ursache unterstellt. Es scheint, als sei „Haltung“ eine Art Schlüsselbegriff zur Umsetzung von Reformen geworden zu sein. Hierzu hat u.a. die Studie von John Hattie beigetragen, der mit Hilfe einer Meta-Analyse versucht, der Frage auf die Spur zu kommen, welche Faktoren schulisches Lernen in besonderer Weise beeinflussen. Die Studie verdeutlicht, dass im Verhältnis zu den Determinanten Familie, Schule und Lehrplan die Bedeutung der Rolle der Lehrkraft am stärksten ist. Hattie fordert, dass Lehrkräfte sich „für das Lehren und Lernen aktiv engagieren und dafür eine Leidenschaft entwickeln.“2 Damit meint er Lehrkräfte, die neben der Liebe zu den Unterrichtsinhalten „eine ethische zugewandte Haltung, die mit dem Wunsch verbunden ist, anderen diesen Gefallen am Fach oder gar diese Liebe für das Fach, das man unterrichtet“3 nahezubringen.


Zum Begriff

Aber was ist eigentlich gemeint, wenn von „Haltung” gesprochen wird? Und ist Haltung – wenn sie als wichtiges Merkmal zum Gelingen von Reformen im Bildungswesen angeführt wird – lehrbar oder gar veränderbar?
Was genau unter einer pädagogischen Haltung zu verstehen ist, wird in der Erziehungswissenschaft nicht eindeutig beantwortet. Ursprünglich hat der Begriff „Haltung“ die Bedeutung von „Hüten“ und „Weiden“. Dabei geht es zunächst einmal um die Haltung von Tieren. Schaut man auf die Wortfamilie, dann kommen Begriffe wie „Verhalten“, „Haltungsschaden“, „Aufenthalt“, „Nachhaltigkeit“, „Unterhaltung“, „Haltungsnote“ etc. in den Blick. Dieses hilft bei der Annäherung an den Begriff nicht weiter. In der Bedeutungsübersicht des Dudens finden sich nachstehende Beschreibungen:

  1. „Art und Weise, besonders beim Stehen, Gehen oder Sitzen, den Körper, besonders das Rückgrat, zu halten; Körperhaltung.
  2. a. innere [Grund]einstellung, die jemandes Denken und Handeln prägt.
    b. Verhalten, Auftreten, das durch eine bestimmte innere Einstellung,
    c. Verfassung hervorgerufen wird.Beherrschtheit; innere Fassung.
  3. Tierhaltung.”4

In der Antike wurde zwischen Habitus und Hexis unterschieden, wobei Hexis in der aristotelischen Ethik als feste Grundhaltung galt und damit dem heutigen Begriff der Haltung gleichgesetzt wird. Bereits damals wurden beide Tugenden als Konstrukt aus Erziehung und Gewöhnung verstanden. Sie galten nur als lehrbar, wenn sie als Wissensvermittlung verstanden wurden.

In der Soziologie beschreibt Pierre Bourdieu mit dem Begriff „Habitus“ die gesamte äußere und innere Haltung eines Menschen. Der Habitus umfasst das gesamte Auftreten, den Stil einer Person. Dieser drückt sich in der Sprache der Kleidung wie im Geschmack aus und lässt Rückschlüsse auf Rang und Status einer Person zu. Eine Änderung des Habitus ist (zumindest kurzfristig) nicht möglich.

Schaut man in die pädagogische Literatur, so scheint es, als sei der Begriff Haltung eine Art Containerbegriff, unter dem sich viele Faktoren wie z. B. Einstellungen, Glaubenssätze, subjektive Theorien, Werte und ethische Postulate und / oder Handlungsintentionen und -ziele subsumieren lassen.5 Werte wie Verlässlichkeit, Respekt, Vertrauen, Vorurteilsfreiheit, Wertschätzung, Akzeptanz, Authentizität, Wärme, Freundlichkeit, Aufrichtigkeit, Selbstreflexion, Idealismus, Begeisterung, Phantasie, Kompromissbereitschaft u.v.m. werden mit dem Begriff Haltung in Verbindung gebracht. Vermutlich wird es unter Pädagoginnen und Pädagogen kaum Widerspruch geben, wenn entsprechende Zuschreibungen in den Zusammenhang eines förderlichen pädagogischen Handelns gestellt werden. Dennoch bleiben sie unklar, weil sie wenig präzisieren und weite Interpretationsspielräume zulassen. Was z. B. unter Wertschätzung zu verstehen ist bzw. was als Wertschätzung empfunden wird, ist nun einmal nicht eindeutig geklärt. Die entsprechenden Begriffe werden in pädagogischen Situationen immer wieder neu von den agierenden Subjekten mit Bedeutungen aufgeladen und speisen sich damit aus subjektiven Theorien, ethischen Ansprüchen und hieraus abgeleiteten Handlungsintentionen.


„Haltung“ in der Pädagogik

Um eine Annäherung an eine in pädagogischen Zusammenhängen konsensfähige Begriffsdefinition zu erreichen, schlagen die Erziehungswissenschaftlerinnen Christina Schwer und Claudia Solzbacher vor, sich an der psychologischen Persönlichkeits-System-Interaktionen-Theorie (PSI) von Julius Kuhl zu orientieren. Die Theorie scheint geeignet zu sein, die Entwicklung von Haltungen nachzuzeichnen und damit die Grundlage einer sinnvollen Definition zu bilden. Kuhls Modell stellt das Selbst des Menschen als wesentlich für die Haltungsfrage heraus und beschreibt, in welcher Weise innerpsychische Abläufe und Außenwelt in Wechselwirkung stehen. Kuhl identifiziert in seinem Modell verschiedene zusammenwirkende Teilsysteme, die für das Erleben und Handeln bedeutsam sind. Dazu zählt er:

  • • die intuitive Verhaltenssteuerung des weitgehend unbewussten Verhaltens,
  • • den für analytisches Planen und Denken verantwortlichen Verstand und
  • • den Fehler-Zoom, der Fehler und unangenehme Sinneseindrücke identifiziert.
     

Koordiniert werden diese Teilsysteme vom Selbst. Das Selbst „ist das ganzheitliche Erfahrungsgedächtnis, verarbeitet viele Informationen parallel, gibt einen mehr unbewussten, gefühlten Überblick über die in einer Situation relevanten Lebenserfahrungen, kann komplexe Entscheidungen treffen, Probleme lösen und sich für das gegenseitige Verstehen von Menschen einsetzen.“6 Aus dem Zusammenspiel der Teilsysteme und damit aus der Beziehung von Emotion und Kognition ergibt sich die für das Entscheiden und Handeln grundlegende Haltung eines Menschen. Haltung ist damit „ein hoch individualisiertes (d.  h. individuelles, idiosynkratrisches) Muster von Einstellungen, Werten, Überzeugungen, das durch einen authentischen Selbstbezug und objektive Selbstkompetenzen zustande kommt, die wie ein innerer Kompass die Stabilität, Nachhaltigkeit und Kontextsensibilität des Urteilens und Handelns ermöglicht“7.

Folgt man dieser Definition, wird deutlich, dass es keine „falsche“ Haltung geben kann. Jede Haltung ist aus der subjektiven Perspektive des Individuums „richtig“ und Resultat seiner Affektregulation. Haltung ist somit das Ergebnis der individuellen Entwicklung, sie gibt Sicherheit, hilft, sich zu entscheiden und sich in komplexen Situationen zu orientieren. Daher wird ein Einzelner, der davon überzeugt ist, dass die Haltung seines Gegenübers falsch ist, nichts daran ändern, solange das Selbst des Gegenübers den Forderungen einer Haltungsänderung nicht zustimmen kann. So nutzt z. B. die Verordnung der „richtigen Haltung“ zur Umsetzung inklusiver Bildung seitens der Bildungspolitik oder einer Schulleitung wenig, wenn sie im Widerspruch zum Selbst der einzelnen Lehrkräfte steht. Im Gegenteil: Die Forderung „Sei anders!“ begünstigt eher den Rückzug, sie lähmt und entmutigt.


Haltung reflektieren – ein Praxisbeispiel

Was also pädagogisch tun angesichts der eingangs von John Hattie herausgestellten Bedeutsamkeit von Haltung für unterrichtliche Prozesse? Was tun angesichts der von der Kultusministerkonferenz festgelegten Standards für die Lehrerbildung, die im Rahmen der Kernkompetenz „Erziehen“ festhalten, dass Lehrkräfte eine Haltung der Wertschätzung und Anerkennung von Diversität vermitteln sollen?8 Was tun, wenn die Kultusministerkonferenz Lehrkräfte als zentrale Akteure für das Gelingen eines konstruktiven Umgangs mit gesellschaftlicher Heterogenität an Schulen beschreibt und von ihnen eine „überzeugende Grundhaltung“9 fordert? Und was tun, wenn Ausbilderinnen oder Schulleitungen die Erfahrung machen, dass angehende oder auch langjährige Lehrkräfte an der Schule offensichtlich nicht die geforderten Haltungen in Unterricht und Schulleben einbringen?

Fragen wie diese bilden den Hintergrund einer Tagung mit Ausbilderinnen und Ausbilder für das Fach Ev. Religion im Studienseminar zum Thema „Professionelle pädagogische Haltung“. Am Anfang steht die grundlegende Erkenntnis, dass aus der subjektiven Perspektive jedes Einzelnen die eigene Haltung zunächst einmal „richtig“ und eine Haltungsänderung durch fachwissenschaftliche Theorien oder durch Appelle Außenstehender nahezu unmöglich ist. Hinzu kommt, dass das Thema „pädagogische Haltung“ bisher in den ersten beiden Phasen der Lehrkräfteausbildung kaum eine Rolle spielt. Es muss also darum gehen, zunächst ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass didaktische und methodische Kompetenzen nicht allein bedeutsame Merkmale gelingender pädagogischer Prozesse sind, sondern dass insbesondere die Haltung einer Lehrkraft zum Lernerfolg (oder auch zum Versagen) der Schülerinnen und Schüler beiträgt und dass damit auch die Haltung der Ausbildenden gefragt ist.

Hierzu können Unterrichtsmitschnitte und /oder Erinnerungen an Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit beitragen. Während der Tagung werden kurze Filmsequenzen aus dem Unterricht verschiedener Lehrkräfte gezeigt. Eine umfassende didaktisch-methodische Beurteilung des Unterrichts ist anhand der gezeigten Sequenzen nicht möglich. Allerdings bieten die aneinandergereihten Filmsequenzen Einblicke in das Agieren der Lehrkräfte und das Reagieren der Schülerinnen und Schüler sowie umgekehrt. Am Ende der Sichtung steht die Frage, von welcher Lehrkraft die Beobachtenden gerne selber unterrichtet worden wären. Die hier geäußerten Urteile gründen sich interessanterweise (auch bei Fachseminarleiterinnen und -leitern) nicht auf Kriterien guten Unterrichts. Vielmehr werden Haltungsmerkmale benannt und durch Indikatoren präzisiert, die das Verhalten der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler beschreiben.
Zur Vertiefung bieten sich Erinnerungen an die eigene Schulzeit an, die lernförderliche Lehrerhaltungen beschreiben:
 

Ich habe dann viel / erfolgreich gelernt, wenn

  • ich von der Lehrkraft gut und gerecht behandelt wurde,
  • ich von der Lehrkraft gesehen und wahrgenommen wurde,
  • die Lehrkraft als Person für mich erkennbar war,
  • die Lehrkraft mich begeistern konnte,
  • die Lehrkraft meine Potentiale erkannt und mich gefördert hat,
  • die Lehrkraft mich als Gegenüber ernst genommen hat,
  • die Lehrkraft meine Leistung anerkannt hat,
  • ich das Gefühl hatte, dass ich auch ohne den Leistungsgedanken wertvoll bin,
  • die Lehrkraft fröhlich und humorvoll war,
  • die Lehrkraft für mich glaubwürdig und klar war,
  • ich meine Meinung und Kritik äußern konnte, ohne dafür abgestraft zu werden,
  • die Lehrkraft menschliche Wärme ausstrahlte …
     

Aber nicht nur positive Erfahrungen schärfen den Blick auf lernförderliche Haltungen. Ebenso entwickeln kränkende, abwertende Haltungen von Lehrkräften gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern eine große Wirkung und bestimmen häufig eine lebenslange Aversion gegenüber dem Gegenstand eines Faches. Sich prägende Haltungsmerkmale, die Lernen gefährden oder gar verhindern, bewusst zu machen, kann in diesem Kontext in gleicher Weise produktiv sein.

In einem nächsten Schritt wird das eigene pädagogische Handeln in den Blick genommen. Fragen wie z. B. „Wie wertschätzend gestalte ich meinen Unterricht?“, „Nehme ich meine Schülerinnen und Schüler ernst?“, „In welcher Weise positioniere ich mich im Unterricht und werde als Person erkennbar?“, „Woran wird meine Liebe zum Fach in meinem Unterricht deutlich?“ und natürlich die Haltung zum Unterrichtsgegenstand – bei Religionslehrkräften „Wie unterscheide ich zwischen gelebter und gelehrter Religion?“ – sind hierbei leitend. Anhand der eigenen Antworten wird deutlich, dass die individuelle Haltung nicht immer in einem widerspruchsfreien Verhältnis zum geforderten (religions-)pädagogischen Handeln steht. Entsprechende Widersprüche werden im Unterricht oft als diffuses, unangenehmes Gefühl wahrgenommen. Hier zeigt sich, dass Haltung nicht allein kognitiv zu fassen ist und Haltungsänderung immer auch den Bereich der Emotion und der Leiblichkeit mit einbeziehen muss. Wenn Haltungsentwicklung über das Selbst verläuft, das Intuition, Emotion und Verstand steuert 10 , muss der Einzelne Gelegenheit bekommen, sich mit dem Selbst zu beschäftigen. Storch und Kuhl schlagen hierzu vor, Haltungsentwicklung durch die eigene Auseinandersetzung mit persönlichen Haltungsmustern alleine oder mithilfe einer Gruppe zu initiieren.11 Der zweite Weg ist in Ausbildungszusammenhängen, die immer auch mit Bewertungen einhergehen, m. E. nicht angezeigt. Er setzt Vertrauen voraus und gelingt insbesondere in Gruppen, die sich als Team die Aufgabe gestellt haben, den eigenen Unterricht und damit letztlich auch die Selbstkompetenz 12 zu fördern und zur Entwicklung der eigenen professionellen pädagogischen Haltung beizutragen. Dieses kann z. B. eine Gruppe von Lehrkräften sein, die sich an einer Schule das Ziel gesetzt hat, gegenseitig vom Unterricht der Kolleginnen und Kollegen zu profitieren und das eigene Unterrichtshandeln weiterzuentwickeln.

Setzt sich eine solche Gruppe zum Ziel, auch an den eigenen pädagogischen Haltungen zu arbeiten, ist die Achtung der Individualität jedes Einzelnen eine wesentliche Voraussetzung dafür, Prozesse zur Erweiterung der Selbstkompetenzen zu initiieren und für den Einzelnen offen zu gestalten. Nicht die Erwartungen des Teams haben dabei oberste Priorität, sondern der Einzelne bestimmt mittels seines Selbst den Weg und die Geschwindigkeit seiner Haltungsentwicklung. Entsprechende Prozesse brauchen Zeit und die Gewissheit, dass der Einzelne sich weder verbiegen noch anpassen muss. Allein er entscheidet über seinen Weg und sein Ziel. Hierbei ist die Anerkennung der Unterschiedlichkeit aller Mitglieder der Gruppe wesentlich für das Gelingen eines Prozesses, der es ermöglicht, eigene Haltungen ohne die Bewertung durch andere zu reflektieren und ggf. zu verändern.

Zu Beginn eines solchen reflexiven Prozesses steht zunächst eine gemeinsame Verständigung über lernförderliche Haltungen und deren Indikatoren. Die Ergebnisse der Diskussionen sollten in einem gemeinsam entwickelten Unterrichtsbeobachtungsbogen festgehalten werden, der beobachtbare Handlungen beschreibt, die Rückschlüsse auf die dahinterliegenden Haltungen zulassen. In den Nachbesprechungen eines unter dieser besonderen Perspektive beobachteten Unterrichts geht es um einen gemeinsamen Austausch, der sowohl dem Einzelnen als auch der Gruppe hilft, von- und miteinander zu lernen. Dabei könnten nachstehende Fragen im Mittelpunkt stehen:

  • Welche im Beobachtungsbogen beschriebenen Haltungen wurden im Unterricht wahrgenommen?
  • Welche Wirkungen hatten diese Haltungen auf den Unterrichtsprozess?
  • Welche Gefühle hatte die Lehrkraft im Vollzug bestimmter Handlungen? Welche Haltungen waren damit verbunden?
  • Welche Gefühle löste der Vollzug bestimmter Handlungen vermutlich bei den Schülerinnen und Schülern aus?
  • Waren Haltung und Handlung aus Sicht der Lehrkraft stimmig?
  • Waren Haltung und Handlung aus Sicht der Lehrkraft angemessen?
     

Entsprechend dieses Vorgehens könnten erste Schritte unternommen werden, um die Bedeutsamkeit und Wirkung von Haltungen in pädagogischen Prozessen herauszuarbeiten, das eigene Erleben in pädagogischen Prozessen als bewusst aufgearbeitete Praxis zu reflektieren und ggf. die persönliche Haltung zu verändern.



Fazit

Die Frage nach der Lehrbarkeit einer pädagogisch sinnvollen Haltung ist damit allerdings nicht abschließend beantwortet. Die Notwendigkeit, das Thema „Haltung“ in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften als bedeutsam für (religions-)pädagogische Prozesse zu lehren und lernförderliche Haltungsmerkmale samt den dazugehörigen Indikatoren herauszuarbeiten, ist unstrittig. Dieses gilt insbesondere für den Religionsunterricht. Hier geht es nicht ausschließlich um Lernprozesse im Sinne bloßer Wissensvermittlung, sondern auch um das eigene Person-Sein. Als Medien des Bildungsprozesses vermitteln Religionslehrkräfte durch Lehre, Sprache, Raum und Ethos 13 ihren Unterrichtsgegenstand. Dabei offenbaren sie durch ihr sprachliches und leibräumliches Handeln im Unterricht ihr Verhältnis zur Religion und repräsentieren durch ihre Person einen Typus von gelehrter Religion. Ob sie damit Resonanz finden, lässt sich an der Reaktion der Schülerinnen und Schüler ablesen. Sich dieses bewusst zu machen und sich zu fragen, welche Haltungen im Unterricht Bildungsprozesse anregen und fördern, ist die Aufgabe einer jeden Religionslehrkraft. Entsprechend ist die Frage für alle Phasen der Lehrerbildung bedeutsam und immer in die Reflexion von Unterricht einzubeziehen. Das bedeutet allerdings nicht, dass lernförderliche Haltungen, die Thema der Lehrerbildung waren, von Religionslehrkräften notwendigerweise im Unterricht gezeigt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass Lehrkräfte bereit sind, die eigenen Haltungen und die damit verbundenen Einstellungen, Werte und Überzeugungen zu hinterfragen, sie im Blick auf ihre Angemessenheit in pädagogischen Prozessen zu prüfen und an einer Veränderung der eigenen Haltung und damit auch an einer Veränderung des Selbst zu arbeiten.

 

Anmerkungen

  1.  Z. B. Julia Latscha: Inklusion ist eine Frage der Haltung. www.zeit.de/kultur/2017-05/inklusion-bildungssysteme-haltungsproblem-sozialpaedagogie-10nach8 (Zugriff am 21.12.2017) oder Niklas Kreppel: Inklusion: Prinzip oder Haltung – Annäherungen an einen Begriff. http://claudius-hoefe.mcs-bochum.de/uploads/media/2015-09-10-Inklusion-Prinzip-oder-Haltung.pdf (Zugriff am 21.12.2017)
  2. John Hattie: Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“ besorgt von Wolf-gang Beywl und Klaus Zierer, Baltmannsweiler 2013, 44.
  3. Ebd., 29.
  4. www.duden.de/rechtschreibung/Haltung (Zugriff: 21.12.2017).
  5. Vgl. Julius Kuhl, Christina Schwer, Claudia Solzbacher: Professionelle pädagogische Haltung: Persönlichkeitspsychologische Grundlagen. In: Christina Schwer, Claudia Solzbacher: Professionelle pädagogische Haltung – Historische, theoretische und empirische Zugänge zu einem viel strapazierten Begriff, Bad Heilbrunn 2014, 79.
  6. Lothar Klein, Herbert Vogt: Was ist eigentlich Haltung? Auf der Suche nach der Bedeutung eines nebulösen Begriffs. In: TPS – Leben, Lernen und Arbeiten in der KiTa (2015), 3, 25.
  7. Vgl.: Julius Kuhl, Christina Schwer, Claudia Solzbacher: Professionelle pädagogische Haltung: Versuch einer Definition des Begriffes und ausgewählte Konsequenzen für Haltung. In: Christina Schwer, Claudia Solzbacher: Professionelle pädagogische Haltung – Historische, theoretische und empirische Zugänge zu einem viel strapazierten Begriff. Bad Heilbrunn 2014, 107.
  8. Vgl.: Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Standards für die Lehrerbil-dung: Bildungswissenschaften (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12. 2004 i. d. F. vom 12.06.2014), 10.
  9. Vgl.: Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Darstellung von kultureller Vielfalt, Integration und Migration in Bildungsmedien – Gemeinsame Erklärung der Kultusministerkonferenz, der Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund und der Bildungsmedienverlage. (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.10.2015), 3.
  10. Maja Storch, Julius Kuhl: Die Kraft des Selbst. Sieben PsychoGyms für das Unbewusste, Bern 2013, 40 f.
  11. Vgl. ebd.
  12. Unter Selbstkompetenz wird hier die Fähigkeit verstanden, in unterschiedlichen Zusammenhängen motivierend und aktiv gestaltend handeln zu können. Dabei ist das Handeln des Einzelnen entscheidend von der Fähigkeit abhängig, Wissen und Emotionen miteinander zu verknüpfen. (vgl. Thomas Künne, Meike Sauerhering: Selbstkompetenz (-Förderung) in KiTa und Grundschule. nifbe-Themenheft Nr. 4, 7.
  13. Vgl.: Dressler, Bernhard: Was soll eine gute Religionslehrerin, ein guter Religionslehrer können? In: Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 8 (2009), H. 2, 118 f.

 

Literatur

  • Bourdieu, Pierre: Entwurf einer Theorie der Praxis. Auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Übersetzt von Cordula Pialoux und Bern Schwibs. Frankfurt am Main 1979
  • Dressler, Bernhard: Was soll eine gute Religionslehrerin, ein guter Religionslehrer können?, in: Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 8 (2009) 2, 115-127
  • Hattie, John: Lernen sichtbar machen, überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“ besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Baltmannsweiler 2013
  • Klein, Lothar / Vogt, Herbert: Was ist eigentlich Haltung? Auf der Suche nach der Bedeutung eines nebulösen Begriffs, in: TPS – Leben, Lernen und Arbeiten in der KiTa (2015), 3
  • Kuhl, Julius / Schwer, Christina / Solzbacher, Claudia: Professionelle pädagogische Haltung: Persönlichkeitspsychologische Grundlagen, in: Schwer, Christina / Solzbacher, Claudia: Professionelle pädagogische Haltung – Historische, theoretische und empirische Zugänge zu einem viel strapazierten Begriff, Bad Heilbrunn 2014
  • Künne, Thomas / Sauerhering, Meike: Selbstkompetenz (-Förderung) in KiTa und Grundschule, nifbe-Themenheft Nr. 4
  • Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004 i. d. F. vom 12.06.2014)
  • Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland: Darstellung von kultureller Vielfalt, Integration und Migration in Bildungsmedien – Gemeinsame Erklärung der Kultusministerkonferenz, der Organisationen von Menschen mit Migrationshintergrund und der Bildungsmedienverlage (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.10.2015)
  • Storch, Maja / Kuhl, Julius: Die Kraft des Selbst. Sieben PsychoGyms für das Unbewusste, Bern 2013