Gebet – Eine Unterrichtsstunde für den Konfirmandenunterricht

von Hans-Joachim Jürgens

 

 

Ich stelle im folgenden eine Stunde aus der Unterrichtseinheit vor:

Das Ziel dieser Einheit ist, dass die Jugendlichen das Gebet als eine vertrauensvolle Hinwendung zu Gott verstehen lernen und zu dieser Hinwendung ermutigt werden.

Die wichtigste Ausgangsfrage ist, wo denn die jungen Menschen überhaupt offen sind für die Lebensäußerung des Gebetes. Für viele ist sie sicher fremd, für einige vielleicht auch negativ eingefärbt („für Kinder“, „für Schwächlinge“, „für alte Leute“). Erstaunlich finde ich, dass doch die meisten in einem anonymen Fragebogen (M 1) ankreuzen, dass sie „manchmal“ beten. Vielleicht besteht also nur eine große Scheu, über diesen Bereich zu sprechen. Auf jeden Fall muss im Unterricht sehr behutsam vorgegangen werden.

Zurück zur Ausgangsfrage: Wo können sich Jugendliche für das Gebete öffnen, und zwar so, dass sie nicht nur über das Gebet sprechen, sondern selbst Gebet erleben? Ich meine, das Gebet hat dort seinen Platz, wo der Mensch im Inneren bewegt wird. Dazu gehört viel Vertrauen, dass Jugendliche in der Gruppe davon sprechen. Natürlich läßt sich solch eine Öffnung nicht erzwingen. Ich kann dazu aber als Unterrichtender Hilfen geben und dazu beitragen, dass die Bedingungen günstig sind.

Läßt sich diese emotionale Betroffenheit nicht erreichen, so muss ich zufrieden sein, dass die Jugendlichen zunächst mit dem Verstand begreifen, dass das Gebet die Möglichkeit ist, sich vor Gott auszusprechen.

In dieser Einheit sind bei weitem nicht alle Aspekte des Gebets berücksichtigt. Es gilt aber wohl für alle Unterrichtsthemen, dass sie nicht in ganzer Breite behandelt werden, sondern unter der Frage, wo eine lebendige Begegnung zwischen der Welt des Jugendlichen und der Welt des Glaubens stattfinden kann.

Es ist für die Konfirmanden nach meiner Erfahrung hilfreich, ein Stück des christlichen Glaubens so kennenzulernen, dass sie zunächst sehen, wie andere es machen.

Das ging dieser Stunde voraus:
Wir haben den 23. Psalm als ein Gebet aus früherer Zeit kennengelernt. Menschen vertrauten Gott und haben das in Bildern ausgesprochen.
Danach wurden die Fragebogen ausgefüllt, ausgewertet und besprochen. Hier wurden auch erste persönliche Äußerungen getan.
Schließlich haben wir die Sätze des Vaterunser übertragen. Das geschah in Gruppen. Aus den verschiedenen Vorschlägen wurde dann ein „Übersetzung“ zusammengestellt (M 2).

Dazu sangen wir zwei Gebetslieder:

Ach, bleib mit deiner Gnade
Hilf, Herr meines Lebens (Anlage)
Und nun ausführlicher die Darstellung der letzten Stunde dieser Einheit:
Die Gruppe sitzt im Stuhlkreis. Nach der Begrüßung singen wir: „Hilf, Herr meines Lebens“ und sprechen dann den 23. Psalm im Wechsel.
Eine kurze Gebetszeile wird angesungen: „Herr, erbarme dich, Christie“, erbarme dich, Herr, erbarme dich.“ (M 3)

„Wir wollen heute noch einmal über das Beten sprechen - und das auch ausprobieren. Dazu bitte ich euch, den Mut zu haben, auch etwas aufzuschreiben, was euch innerlich bewegt. Natürlich ohne Namen. Jeder bekommt zwei verschiedenfarbige Kärtchen, auf das orangefarbene schreibst du, was dich belastet, was dich traurig, was dich manchmal fertig macht. Und auf das gelbe schreibst du, worüber du dich freust, was dich glücklich macht. Schreibt möglichst ganze Sätze.“

Die Konfirmanden nehmen eine Unterlage und schreiben auf dem Schoß (Tische sind zwar zum Schreiben besser, aber Tische sind Verstecke und Mauern, und die sind bei vielen Themen im KU von Übel). Die beschriebenen Zettel werden in zwei Körbchen gelegt. Wir tauschen uns einen Augenblick aus, ob es nun leicht oder schwer gefallen ist oder ob es sogar unmöglich war, etwas aufzuschreiben.
Dann werden die Kärtchen gemischt, aber noch nicht ausgeteilt.

Nun werden für die folgende Gruppenphase Arbeitsblätter verteilt. Auf dem Blatt stehen zwei Psalmworte (Psalm 69,1 und Psalm 139, 14), die besprochen und gestaltet werden sollen (M 3). Als Material bekommt jede Gruppe die Arbeitsanweisung, eine Folie und einen Satz Folienstifte.
Jede Gruppe geht zu einem Tisch. Zu einer Gruppe gehören vier Konfirmanden und ein Helfer (Helfer sind konfirmierte Jugendliche, die auf einem Kurs nach der Konfirmation zugerüstet werden, begrenzte Verantwortung im KU zu übernehmen. In der Anfangsphase des Unterrichts wird geübt, Aussagen des Glaubens und des Lebens in symbolartigen Bildern darzustellen. Nach meiner Erfahrung ist bei dieser Tätigkeit das Lernen in mehreren Bereichen, dem Denken, dem Fühlen und auch dem Miteinander besonders intensiv).

Nach 15 bis 20 Minuten kommen alle Gruppen zusammen. Inzwischen habe ich die Leinwand und den Tageslichtschreiber aufgestellt, die Stühle stehen in einem Halbkreis davor. Die Folien werden nacheinander aufgelegt. Zunächst äußern sich die, die nicht in dieser Gruppe waren; abschließend deutet die Gruppe, die das Bild gestaltet hat. Diese offene Deutung weckt eine Fülle von Gedanken und Assoziationen.
Die Ergebnisse zeigen, wie unterschiedlich, auch wie lebendig und vielschichtig Sätze ins Bild gebracht werden können. Wichtig ist, dass im Gespräch deutlich wird: Ich bin irgendwie mit im Bild. Das erlebe ich auch. So wird Klage und Freude des Psalms zu meinem Gebet.
Ich fasse zusammen: „Wenn ich bete, sage ich Gott, was mich bewegt. Ich sage ihm, was mich belastet und was mich freut. Ich sage es Gott ganz vertrauensvoll.

Wir wollen das jetzt zum Schluß auch tun mit dem, was wir am Anfang aufgeschrieben haben.“
Leinwand und Projektor werden weggeräumt, der Kreis wird geschlossen. In die Mitte stelle ich eine brennende Kerze. Dann geht ich mit den Kärtchen herum und bitte, dass jeder ein gelbes und ein oranges Kärtchen nimmt.

Dann werden immer drei Klagen vorgelesen - wir singen: „Herr, erbarme dich“, dann drei Äußerungen der Freude - wir singen: „Herr, wir danken dir.“

Jeder spürt es - und hier sind fast bei allen die Gefühle stark beteiligt -, wenn ich das, was mich an Trauer oder Freude bewegt, ausspreche und Gott sage, dann bete ich. Aber da ist eine Erklärung nicht mehr nötig.

Nach dem letzten „Herr, wir danken dir“ beginne ich mit dem Vaterunser, und alle stimmen ein.
 

M 1

Mit Gott reden - Erfahrungen, Meinungen, Fragen

Deine Erfahrungen mit dem Beten:
(1) Ich bete regelmäßig ( )
(2) Ich bete manchmal ( )
(3) Ich bete selten ( ) Bitte nur ein Kästchen ankreuzen
(4) Ich bete nie ( )

Mache nun an der Stelle weiter, die zu der Nummer gehört  8 ), die du eben angekreuzt hast. Hier kannst du mehrere Antworten ankreuzen.

(1) Ich bete regelmäßig
( ) aus Gewohnheit
( ) weil es mir bei meinen Problemen hilft
( ) weil ich sonst Angst vor der Strafe Gottes habe
( ) morgens
( ) abends
( ) vor dem Essen


(2)Ich bete manchmal
( ) wenn es mir gerade einfällt
( ) wenn ich vor etwas Angst habe
( ) wenn ich traurig bin
( ) wenn ich für etwas danken möchte


(3) Ich bete selten
( ) weil ich es nicht gewöhnt bin
( ) weil ich nicht richtig an Gott glauben kann
( ) weil ich vom Gebet nichts halte
( ) weil ich mir dabei komisch vorkomme
( ) weil ich nicht weiß, was ich beten soll


(1) Ich bete nie
( ) weil ich beten albern finde
( ) weil es Gott doch nicht hört
( ) weil es Gott nicht gibt
( ) weil es nur etwas für Kinder und Alte ist
( ) weil ich es nie gelernt habe
( ) weil das Beten doch nichts nützt

 

M 2

Vater unser im Himmel, Gott, du bist unser Freund.
geheiligt werde dein Name. Du hilfst uns,
Dein Reich komme. wenn wir dich brauchen.
Dein Wille geschehe Lass uns das tun,
wie im Himmel was du für richtig hälst.
so auf Erden.

Unser tägliches Brot Du gibst uns, was wir brauchen.
gib uns heute Verzeih uns unser Unrecht
und vergib uns unsere Schuld, und hilf,
wie auch wir vergeben dass wir anderen verzeihen.
unseren Schuldnern. Halte von uns fern,
was schlimm für uns ist.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft Denn dir gehört alles.
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen

Amen

 

M 3

Herr, erbarme dich

 

M 4

Aufgabe für die Gruppenarbeit

Lest bitte die folgenden Psalmworte sorgfältig durch:
„Herr, hilf mir, denn das Wasser geht mir bis an die Seele. Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist.“
„Ich danke dir, dass mein Leben so wunderbar ist.“

Gestaltet die Psalmworte als Bilder.
In den Bildern soll auch das anklingen, was euch ängstet und erfreut. Es soll deutlich werden, dass dies Worte sind, die an Gott gerichtet werden.
(Erinnert euch daran, dass wir nur mit Zeichen auf Gott hinweisen können.)