Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler – Eine Stellungnahme des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland

 

 

1. Was die ethnische Herkunft der Schüler und Schülerinnen sowie ihre kulturellen und religiösen Vorerfahrungen betrifft, ist die Schülerschaft heute unterschiedlicher zusammengesetzt als je zuvor. Immer mehr Schulen erkennen die daraus folgenden Integrationsaufgaben: Die Schulen in Deutschland haben zum einen mit prägenden Kräften und Traditionen der eigenen Kultur und Geschichte vertraut zu machen und zum anderen das Zusammenleben von Menschen verschiedener Länder, Kulturen und Religionen zu fördern. Über die fachwissenschaftlich strukturierte Wissensvermittlung hinaus müssen sich Schulen bemühen, die junge Generation lebensbegleitend und problemorientiert schrittweise vor die Zukunftsaufgaben zu führen, die die Kinder und Jugendlichen als künftige Erwachsene in der Rolle verantwortlicher Bürger zu bewältigen haben. Hierfür ist der Horizont der sozialen Wahrnehmung und Verantwortung auszuweiten, sind Gemeinsinn und Verständigungsfähigkeit zu fördern. In diesem Zusammenhang ist den an der Schule Beteiligten und für sie Verantwortlichen zunehmend pädagogisch deutlich, warum die ethisch-religiöse Dimension ein tragendes Element des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule ist und welche wichtigen Aufgaben sich daraus für den Religionsunterricht ergeben.

 

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat sich in ihrer Denkschrift "Identität und Verständigung - Standort und Perspektiven des Religionsunterrichts in der Pluralität" (1994) und in der Kundgebung der Synode der EKD zur religiösen Bildung in der Schule (1997) mit den genannten Aufgaben und weiteren Fragen des Religionsunterrichts im Kontext von Schule, Staat und Kirche ausführlich beschäftigt. Diese Stellungnahme basiert auf deren grundsätzlichen Aussagen. Sie bezieht sich ferner auf das Votum des Rates der EKD von 1983 "Zur Erziehung und Bildung muslimischer Kinder und Jugendlicher".
 

2. Für die Erteilung von Religionsunterricht ist in Deutschland der Artikel 7 GG konstitutiv, der seine Stellung als ordentliches Lehrfach verfassungsmäßig regelt. Dieser Unterricht muss nach Art. 7 Abs. 3 GG "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften" erteilt werden, wobei sich der Begriff "Religionsgemeinschaften" nicht nur auf die evangelische und die katholische Kirche bezieht. Ordnung und Durchführung des Religionsunterrichts sind staatliche Aufgabe und Angelegenheit. Er ist staatlichem Schulrecht und staatlicher Schulaufsicht unterworfen; seine Einrichtung als Pflichtfach ist für die Schulträger obligatorisch. Zugleich gehört der Religionsunterricht in den Verantwortungsbereich der Kirchen beziehungsweise Religionsgemeinschaften. Sie entscheiden nach Maßgabe ihrer Grundsätze über die Ziele und Inhalte des Unterrichtsfaches Religion, wobei die allgemeinen Erziehungsziele der staatlichen Schule gewahrt bleiben sowie Struktur und Organisation der jeweiligen Schulart beachtet werden müssen.

Aus der Perspektive des Artikels 4 GG dient der Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG der Sicherung der Grundrechtsausübung durch den einzelnen. Die einzelnen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen sich frei und selbständig religiös orientieren können. Dem Staat selber ist daran gelegen, dass die nachwachsende Generation sich mit den ihn tragenden Werten und ihrer kulturellen, weltanschaulichen und religiösen Herkunft auseinandersetzt, sie kritisch befragt und positiv füllt. Dabei kommt dem Religionsunterricht eine besondere Stellung und Aufgabe zu, für die sich der christliche Religionsunterricht zunächst als ein logischer, direkter Kooperationspartner anbietet, weil die geltenden Normen und Werte in unserer Gesellschaft wesentlich vom Christentum her geprägt sind, das Rechts- und Demokratieverständnis ebenso wie etwa die Begriffe Freiheit, Gerechtigkeit oder Solidarität. Die Religionsfreiheit des Grundgesetzes ist aber nicht an den Kreis christlich-abendländischer Religion gebunden. Der Staat der Bundesrepublik Deutschland garantiert das Recht der Religionsausübung allen Bürgerinnen und Bürgern dieses Staates - auch wenn sie Religionen fremder Kulturen angehören. Es ist ferner ein Zeichen eines in christlich-humanistischen Wertvorstellungen gründenden Toleranzbegriffes, dass dieses Recht ebenso solchen Bürgerinnen und Bürgern zusteht, die aus Ländern stammen, in denen zum Beispiel die christlichen Kirchen nicht die gleichen Rechte genießen. Verständnis und Dialog sind für das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit in einer freiheitlichen Demokratie unerläßlich.

Zum Recht der Religionsausübung gehört auch das Recht zur Mitwirkung der Religionsgemeinschaft an einem Religionsunterricht, wenn die Anhänger der jeweiligen Religion eine Religionsgemeinschaft bilden, die durch die Zahl der Mitglieder und die Gewähr der Dauer den Aufwand rechtfertigt. Die gewachsenen staatskirchenrechtlichen Bestimmungen lassen sich dabei zwar nicht ohne weiteres auf Religionsgemeinschaften aus anderen Kulturkreisen übertragen, was die ihnen zustehenden Rechte nach den Artikeln 4 und 7 GG aber nicht schmälern darf. So ist zum Beispiel für den Religionsunterricht der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht erforderlich.
 

3. Obwohl für das Anliegen eines islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach bereits seit vielen Jahren eine grundsätzliche Offenheit besteht, kam es bisher nicht zu seiner Einrichtung. Die in Deutschland lebenden Muslime haben Schwierigkeiten, die im Grundgesetz geforderte Autorität zu benennen, die es ihnen erlaubt, als Religionsgemeinschaft dem deutschen Staat gegenüberzutreten. Das hängt auch mit der Tradition des Islam zusammen, die eine den Kirchen vergleichbare Verfasstheit nicht kennt. Inzwischen bilden sich aber zentrale Organisationen der islamischen Dachverbände heraus, die sich als Vertreter einer großen Zahl von Muslimen verstehen. Sie könnten Ansprechpartner des Staates im Blick auf den Religionsunterricht werden, wenn ihr Status als Religionsgemeinschaft geklärt ist.

dass trotz der skizzierten Schwierigkeiten der islamische Religionsunterricht im Gespräch blieb und zu einem immer deutlicher formulierten Anliegen wurde, hat noch weitere Gründe:

  • Nach den neuesten Grund- und Strukturdaten im Bildungsbereich und den aktuellen Zahlen der Kultusministerkonferenz lag der Anteil der ausländischen Schülerinnen und Schüler in den westdeutschen Schulen bei 11,5% (1,16 Mio.). Bei den genannten Erhebungen wird die Religionszugehörigkeit nicht erfasst. Legt man die Ergebnisse anderer Zählungen zugrunde, sind in Westdeutschland ca. 39 % der Schüler und Schülerinnen evangelischen, ca. 41% römisch-katholischen und ca. 6% islamischen Glaubens. Unter den letzteren bilden mit einem Anteil von ca. 80% die jungen Türkinnen und Türken die Majorität.
    Bei den Zahlen ist zu berücksichtigen, dass keine Gleichverteilung vorliegt. In westdeutschen Ballungsgebieten gibt es nicht selten Klassen - insbesondere im Bereich der Grund- und Hauptschulen - mit einem Anteil von Schülern und Schülerinnen islamischen Glaubens von deutlich über 50%.
    In den neuen Bundesländern gehören lediglich ca. 30% der Schülerinnen und Schüler einer christlichen Konfession an - zum größten Teil der evangelischen. Der geringe Ausländeranteil in den dortigen Schulen (unter 0,5% [10.000], abgesehen von Berlin) bedeutet einen noch geringeren Anteil der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen islamischen Glaubens.
  • Es ist wichtig, dass auch die muslimischen Schüler und Schülerinnen in unserem Land mit ihrer angestammten Tradition in einer Weise vertraut gemacht werden, die ihnen eine religiöse Lebensperspektive eröffnet und ihnen zugleich das Verständnis für andere religiöse Anschauungen erschließt. Es wäre auf Dauer nicht zu verantworten, sie einem religionslosen Niemandsland zu überlassen.
  • Muslimische Eltern befinden sich in Deutschland in einer Minderheiten- beziehungsweise Diasporasituation, in der sie sich ihrer islamischen Identität besonders bewusst werden und gleichzeitig nach Möglichkeiten suchen, sie ihren Kindern zu vermitteln. Vielen erscheint ein offizieller, kontinuierlicher Religionsunterricht im Lebensraum Schule als ein die eigene religiöse und kulturelle Tradition integrierendes Äquivalent (oder wenigstens Element) in einer säkularisierten, die Kinder dieser Tradition oft entfremdenden Umwelt.
  • Häufig wird befürchtet, dass die muslimischen Eltern die religiöse Erziehung ihrer Kinder an die privatrechtlich organisierten islamischen Gemeinden und Vereine ("Koranschulen") delegieren, und dadurch radikale Einflüsse gestärkt werden könnten, die der Grundwerteordnung der Bundesrepublik entgegenstehen. So hofft man auch staatlicherseits, dass ein wie der christliche Religionsunterricht offener, wissenschaftlich fundierter und diskursfähiger islamischer Religionsunterricht die Integration der muslimischen Schülerinnen und Schüler fördert. Manche islamischen Glaubensgemeinschaften haben deswegen folgerichtig an solch einem in ihrer Sicht "verweltlichten" schulischen Religionsunterricht kein Interesse.
  • Viele der (in der EKD-Denkschrift zum Religionsunterricht angeführten) pädagogischen und theologischen Gründe für einen zwar möglichst kooperativen, aber doch konfessionellen christlichen Religionsunterricht sprechen auch für die Einführung eines Religionsunterrichts für muslimische Schülerinnen und Schüler gemäß Art. 7 Abs. 3 GG.


4. Aus den genannten Gründen haben mit Beginn der 80er Jahre die meisten Bundesländer im Rahmen des türkischen muttersprachlichen Ergänzungsunterrichts für Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens die Möglichkeit einer religiösen Unterweisung eingerichtet. Die Verantwortung für diesen Unterricht liegt teils bei den diplomatischen oder konsularischen Vertretungen der Türkei, teils bei den Kultusministerien. Im Dienst der jeweiligen Bundesländer wird er von türkischen Lehrerinnen und Lehrern erteilt, die vielfach die Türkei bestellt und meist für die Dauer von fünf Jahren abordnet. Von der Möglichkeit der religiösen Unterweisung machen viele, aber nicht alle türkischen Lehrer und Lehrerinnen Gebrauch.

Einen besonderen Weg bei der Entwicklung von Lehrplänen für eine islamische Unterweisung beziehungsweise einen islamischen (Religions-)Unterricht, der mit den Grundsätzen des Islam übereinstimmt, hat das Land Nordrhein-Westfalen beschritten. Dort wurde eine Kommission eingesetzt, der unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten türkische Lehrerinnen und Lehrer, Islamwissenschaftler sowie zwei evangelische Religionspädagogen angehörten. Die ersten Entwürfe dieser Kommission wurden über Kolloquien und Tagungen mit Vertretern islamischer Gemeinden und Vereine diskutiert. Im weiteren Verfahren gab es Kontakte und Abstimmungen mit islamisch-theologischen Fakultäten an Universitäten in der Türkei und in Kairo sowie dem türkischen Amt für religiöse Angelegenheiten und der deutschen Vertretung des muslimischen Weltkongresses, so dass die heute vorliegenden Curricula vor allen Dingen im Bereich der akademischen islamischen Theologie auf Zustimmung treffen.

Bei aller Anerkennung dieser staatlichen Bemühungen um die religiöse Bildung der muslimischen Schülerinnen und Schüler ergeben sich kritische Anfragen. Der in den türkischen muttersprachlichen Unterricht integrierte islamische Unterricht ist in keinem Fall Religionsunterricht im Sinne von Art. 7 Abs. 3 GG:

  • Die Einholung von Voten einzelner Vertreter und die Einbeziehung bestimmter, auch ausländischer Institutionen der angesprochenen Religion können das erforderliche Gegenüber einer Religionsgemeinschaft in Deutschland nicht ersetzen.
  • Der religionsneutrale Staat überschreitet seine Kompetenz, wenn er die Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft selbst gewährleisten will. Bei dem, was im Einzelfall als Ausübung von Religion oder Weltanschauung zu verstehen ist, kommt dem Selbstverständnis der betreffenden Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft entscheidende Bedeutung zu.
  • Es gibt in den meisten Bundesländern keine verbindlichen Regelungen über die Teilnahme an diesem islamischen Unterricht beziehungsweise im Falle der Nichtteilnahme über den Besuch des Ethikunterrichts.
  • Nicht-türkische Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens können an dem Unterricht, der ja nicht in deutscher Sprache stattfindet, nicht teilnehmen. Er erreicht ferner durchschnittlich nur ca. 20% der türkischen Muslime in der Schule und damit einen noch geringeren Prozentsatz bezogen auf alle Schülerinnen und Schüler islamischen Glaubens.
  • Die starke Anbindung des Unterrichts an die Türkei beziehungsweise die entsprechenden staatlichen türkischen Stellen und Vertretungen erscheint problematisch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der türkische Staat über sein Amt für religiöse Angelegenheiten den Islam kontrolliert und eigene islamische Organisationsformen nicht zulässt. Auf jeden Fall repräsentieren die staatlichen Stellen der Türkei nicht die gesamte islamische Glaubenswelt.


5. Im Blick auf die Einrichtung eines Religionsunterrichts für muslimische Schülerinnen und Schüler lässt sich als Ergebnis festhalten:

  • Als offizieller Ansprechpartner des Staates für den Religionsunterricht kann nur eine verfasste, auf Dauer angelegte Glaubens- oder Religionsgemeinschaft fungieren und die verfassungsmäßig vorgesehene Mitwirkung legitim ausüben.
  • Es ist Angelegenheit der Muslime in Deutschland, sich über die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG zu verständigen und als Religionsgemeinschaft dem Staat gegenüberzutreten; und es ist Angelegenheit des Staates, gegebenenfalls einen entsprechenden Religionsunterricht einzurichten, der den Anforderungen an ein ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen formal und inhaltlich entsprechen muss.
  • Die von der Verfassung vorgegebenen Regelungen nach Art. 7 Abs. 3 GG dienen der Religionsfreiheit nach Art. 4 sowie der Integration unterschiedlicher religiöser und kultureller Herkünfte in unserer Gesellschaft. Eine Aufsplitterung des Religionsunterrichts auf eine Vielzahl kleiner und kleinster Religions(sonder)vereinigungen ist vom Verfassungsgeber nicht gewollt. So wie im Evangelischen Religionsunterricht evangelische Kirchen verschiedenen Bekenntnisses (z.B. lutherisch, uniert, reformiert, teilweise auch evangelisch-freikirchlich) gemeinsam den Evangelischen Religionsunterricht mitverantworten, stehen auch islamische Gruppen und Vereinigungen vor der Aufgabe, sich in den einzelnen Bundesländern als Religionsgemeinschaften relevanter Größe gemeinsam auf die Inhalte und die Beauftragung der Lehrenden eines Religionsunterrichts für muslimische Schüler und Schülerinnen zu einigen. Im Blick auf die Inanspruchnahme des Rechtes auf religiöse Bildung in einem eigenen Religionsunterricht ist diese Leistung ein Prüfstein für die gleichzeitig notwendige Erfüllung der Pflicht, sich in einem pluralen, demokratischen Gemeinwesen mit Menschen anderer religiöser und weltanschaulicher Überzeugung zu verständigen.
  • In diesem Sinne befürwortet die evangelische Kirche einen Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler als ordentliches Lehrfach nach Art. 7 Abs. 3 GG. Die Einrichtung zum Beispiel einer separaten, staatlich geprägten Religionskunde für muslimische Schülerinnen und Schüler ist abzulehnen. Jeder staatliche Pflichtunterricht in weltanschaulich-religiösen Fragen verfehlt die freiheitlich-demokratischen Prinzipien und reduziert in unverantwortlicher Weise die Bildungsaufgabe der Schule.
  • Die Religionsgemeinschaft muss ihre religiösen Grundsätze für den Religionsunterricht in eigener Verantwortung festlegen, ohne dass der weltanschaulich neutrale Staat auf die Inhalte Einfluss nimmt. Die auszuarbeitenden Empfehlungen und Lehrpläne müssen das normale Prüfungs- und Genehmigungsverfahren der Kultusbehörden durchlaufen.
  • Jeder Religionsunterricht muss in deutscher Sprache erteilt werden und, unbeschadet der förmlich geregelten Mitwirkungsrechte der Religionsgemeinschaft, der deutschen Schulaufsicht unterliegen. Ein Religionsunterricht in deutscher Sprache ist zudem Voraussetzung dafür, dass auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler eine Öffnung (z.B. für Muslime, die nicht der den Unterricht mitverantwortenden Religionsgemeinschaft angehören) möglich ist.
  • Zu einem ordentlichen Religionsunterricht für muslimische Schülerinnen und Schüler gehören ferner hinreichend qualifizierte, staatlich anerkannte und beaufsichtigte muslimische Lehrerinnen und Lehrer oder Geistliche. Nötig sind ebenso islamische Lehrangebote an deutschen Universitäten und die Einführung einer grundständigen Lehramtsausbildung.
  • Bei der Einführung eines Religionsunterrichts für muslimische Schülerinnen und Schüler als ordentliches Lehrfach sind die erreichten hohen wissenschaftlich-pädagogischen Standards des christlich-konfessionellen Religionsunterrichts anzustreben, auch wenn sie sich nicht von Anfang an in vollem Umfang verwirklichen lassen.
  • In allem bleibt - davon wird ausgegangen - für die islamischen Gesellschaften und Vereine beziehungsweise den Zentralrat der Muslime in Deutschland, den Islamrat oder andere eine selbstverständliche Voraussetzung, dass sie - wie die christlichen Kirchen - einen in unserer Verfassung gegründeten, in das pädagogische Umfeld der Schule eingebetteten, auf Dialog angelegten Religionsunterricht wollen, der der freien und selbständigen religiösen Orientierung der Schülerinnen und Schüler dient.
  • Die evangelische Kirche ist bereit, sich am öffentlichen Gespräch über die Einrichtung eines Religionsunterrichts für muslimische Schülerinnen und Schüler zu beteiligen, weil Voraussetzungen jeden Religionsunterrichts gemäß Art. 7 Abs. 3 GG berührt sind.

Außerdem ist festzuhalten:

  • Muslimische Schülerinnen und Schüler sind auch im evangelischen Religionsunterricht willkommen, wenn sie beziehungsweise ihre Erziehungsberechtigten dies wünschen und die schulrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind.
  • Dort wo muslimische Schülerinnen und Schüler am Ethik- bzw. Philosophieunterricht teilnehmen, weil ein Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG noch nicht eingerichtet werden kann, ist in besonderer Weise darauf zu achten, dass in den religionskundlichen Elementen dieses Unterrichts hinreichend und sachgemäß über den Islam informiert wird.
  • Die Evangelische Kirche in Deutschland votiert bereits seit 1994 für eine Fächergruppe der religiös-ethischen Bildung in der Schule (s. EKD-Denkschrift "Identität und Verständigung", S. 73ff.). Im Sinne des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrages soll eine solche Fächergruppe das Zusammenwirken der ihr zugehörigen unterschiedlichen, ordentlichen Lehrfächer gewährleisten, denn ihnen allen ist die Aufgabe gemeinsam, die Verständigungsbereitschaft und -fähigkeit der jungen Generation in besonderer Weise zu fördern. Dazu gehört die Notwendigkeit des interreligiösen Lernens und des interreligiösen Dialogs.

Hannover, den 16. Februar 1999