Lebendig ist, wer wach bleibt,
sich dem anderen schenkt,
das Bessere hingibt,
niemals rechnet.
Lebendig ist, wer das Leben liebt,
seine Begräbnisse, seine Feste,
wer Märchen und Mythen
auf den ödesten Bergen findet.
Lebendig ist, wer das Licht erwartet
In den Tagen des schwarzen Sturms,
wer sich dem Herbst zuwendet
und nicht aufhört zu lieben.
(Luigi Nono)
I. Religionspädagogische Reflexionen
In der Konfirmandenarbeit geht es wesentlich darum, mit Kindern und Jugendlichen die Schätze unserer Tradition und der Kirche zu entdecken und sich mit ihnen auseinander zu setzen. Für viele Konfirmandinnen und Konfirmanden ist dies zunächst eine fremde, unbekannte Welt, die in ihrem Alltag und ihren Familien wenig Platz haben. Daher prüfen sie genau, ob sie sich und ihr Leben als eine Geschichte mit Gott verstehen können. Sie fragen kritisch, was der christliche Glaube praktisch und konkret für ihr Leben austragen kann.
Um dem auf die Spur zu kommen, ist es wichtig, dass sie Menschen begegnen, die ihnen von ihrer Glaubensgeschichte erzählen mit allen Zweifeln, Hoffnungen und beglückenden Erfahrungen der Nähe Gottes. Dazu gehören sicherlich Menschen aus der Kirchengemeinde vor Ort, aber auch die Auseinandersetzung mit herausgehobenen Persönlichkeiten der Kirchengeschichte, zu denen Dietrich Bonhoeffer fraglos zählt.
Der folgende Beitrag entwirft einen Gottesdienst zum Leben von Dietrich Bonhoeffer mit dem Ziel,
- über sein Leben und Werk zu informieren
- den Jugendlichen einen Menschen vorzustellen, der aus der Kraft seines Glaubens heraus Widerstand leisten konnte
- eine Ahnung davon zu vermitteln, dass der christliche Glaube in aller Gebrochenheit Freiheit und Unabhängigkeit von den Mächten und Mächtigen der Erde zu schenken vermag.
Es ist ein Gottesdienst für die Jugendlichen, da es nicht möglich war, ihn mit einer Gruppe zu erarbeiten. Die verwendeten Materialien können aber als Basis für eine gemeinsame Gottesdienstgestaltung genutzt werden. Der Entwurf orientiert sich in seiner Struktur an den politischen Nachtgebeten. Worte, Gebete, Bilder und Musik sollen sich in ihren Wirkungen ergänzen und die Ebenen der Zeitgeschichte, der Biografie, der biblischen Botschaft miteinander verweben. Wünschenswert wäre es, wenn im Gottesdienst verschiedene Sprecher/Sprecherinnen aus der Gruppe der Konfirmandinnen und Konfirmanden die unterschiedlichen Texte und Gebete übernehmen könnten. Die vorherige Bearbeitung der Thematik mit den Jugendlichen im Rahmen einer Unterrichtseinheit ist sinnvoll.1
Die Textauswahl bezieht sich dabei v.a. auf das Buch "Widerstand und Ergebung", da die anderen theologischen Werke für die Altersgruppe zu komplex sind. Gerade der tagebuchähnliche, biografische Charakter der Briefe, Dokumente, Gedichte und Gebete lässt die Jugendlichen einen leichteren Zugang zur Person Dietrich Bonhoeffer finden.
Eine Gefahr bei solch einem Vorhaben liegt sicher darin, Bonhoeffer zu einem "Heiligen" zu stilisieren. Dem soll in der Weise vorgebeugt werden, dass auch jene Passagen aus Briefen und Dokumenten Gehör finden sollen, die seine Zweifel, Angst und Zerrissenheiten zeigen.
II. Mit Engeln gegen den Strom - Gottesdienstentwurf
Musik
Begrüßung:
(Auf eine Leinwand 1 soll ein Foto Dietrich Bonhoeffers projiziert werden, das ihn auf dem Zingsthof, dem provisorischen Predigerseminar, im Jahr 1935 zeigt. )2
Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Amen.
Heute vor 100 Jahren wurde Dietrich Bonhoeffer in Breslau geboren. Wir erinnern uns an ihn und ehren ihn als einen beeindruckenden Menschen. Er war ein gläubiger Christ und ein großer Theologe. Er hat es gewagt, in den Zeiten des Nationalsozialismus sich gegen die Herrschenden in Staat und Kirche zu stellen. Er hielt die Augen offen für das Unrecht, das um ihn herum geschah. Er hörte die falschen Töne und die Schreie derer, denen Gewalt angetan wurde. Er ließ sich den Mund nicht verbieten und ergriff Partei. Er arbeitete im Widerstand, versuchte, dem Rad in die Speichen zu fallen. Sein Engagement bezahlte er mit dem Leben. Am 9. April 1945 wurde er im Konzentrationslager Flossenbürg erhängt.
Wir wollen uns heute an ihn erinnern und dem nachspüren, was ihm Kraft gab, so zu fühlen und mitzufühlen, so zu denken und zu handeln, wie er es getan hat. Was gab ihm den Mut? Was ließ ihn standhaft bleiben in der Haft bis zu seinem Tod?
Folgen wir seinen Spuren und Gedanken und begeben uns an seine Seite.
In der Haft waren es Gesangbuchlieder, die er las und auswendig lernte. Am 14. April 1943 - neun Tage nach seiner Verhaftung - schreibt er an die Eltern und erinnert sich:
"Heute vor 14 Tagen war der 75. Geburtstag. Der Morgen- und Abendchoral mit seinen vielen Stimmen und Instrumenten klingt noch in mir nach: "Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren... in wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel bereitet." So ist es, und darauf wollen wir weiter uns getrost verlassen." (WE 26f)3
LIED
EG 316: Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren
ERINNERUNG, Teil 1
Auf der Leinwand 1 erscheint ein Foto der Zelle, in der Bonhoeffer in Tegel inhaftiert war.4
Sprecher 1:
In dieser Zelle wurde Dietrich Bonhoeffer im Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel inhaftiert. Er schreibt über die Haftbedingungen:
Sprecher 2 (Bonhoeffer):
"Die Aufnahmeformalitäten wurden korrekt erledigt. Ich wurde für die erste Nacht in eine Zugangszelle eingeschlossen; die Decken auf der Pritsche hatten einen so bestialischen Gestank, dass es trotz der Kälte nicht möglich war, sich damit zuzudecken. Am nächsten Morgen wurde mir eine Stück Brot in die Zelle geworfen, so dass ich es am Boden auflesen musste. Der Kaffee bestand zu einem Viertel aus Kaffeesatz. Von außen drangen in meine Zelle zum erstenmal jene wüsten Beschimpfungen der Untersuchungsgefangenen durch das Personal, die ich seither täglich von morgens bis abends gehört habe. Als ich mit den Neueingelieferten anzutreten hatte, wurden wir von einem Schließer als Strolche tituliert, jeder wurde nach dem Grund seiner Verhaftung gefragt: als ich sagte, dass mir dieser nicht bekannt sein, antwortete der Schließer höhnisch: "Den werden Sie schon früh genug erfahren!" Es dauerte ein halbes Jahr, bis ich den Haftbefehl erhielt. .... Es wurde mir mitgeteilt, dass mein Schriftverkehr bis auf weiteres gesperrt sei, dass ich nicht wie die anderen Häftlinge eine halbe Stunde des Tages ins Freie dürfe, worauf ich der Hausordnung gemäß Anspruch habe. Ich erhielt weder Zeitungen noch Rauchwaren. Nach 48 Stunden wurde mir meine Bibel zurückgegeben. Sie war darauf untersucht worden, ob ich Säge, Rasiermesser etc. eingeschmuggelt hatte. Im übrigen öffnete sich die Zelle in den nächsten zwölf Tagen nur zum Essensempfang und zum Heraussetzen des Kübels. Es wurde kein Wort mit mir gewechselt. Wie ich aus den Bemerkungen entnahm und wie sich auch bestätigte, war ich auf der Abteilung für die schwersten Fälle untergebracht, wo die zum Tode Verurteilten und an Händen und Füßen Gefesselten lagen." (WE 64f)5
Sprecher 1:
Der Bericht beschreibt seine äußere Lage im Gefängnis. Auf einem Zettel schüttet er sein Herz aus und schreibt, welche Gedanken und Gefühle ihn im Innern bewegen.
Sprecher 2 (Bonhoeffer):
Unzufriedenheit -
Gespanntheit
Ungeduld
Sehnsucht
Langeweile
Krank - tief einsam
Gleichgültigkeit
Beschäftigungsdrang, Abwechslung, Neuigkeit
Stumpfheit, Müdigkeit, schlafen
Ordnung
Das Phantasieren, Verzerrung der Vergangenheit
Selbstmord, nicht aus Schuldbewusstsein, sondern weil ich im Grunde schon tot bin, Schlussstrich
Ist das Gedächtnis besser für erfreuliche Eindrücke? Woran liegt das? Ein vergangener Schmerz steht unter dem Zeichen der Überwindung, nur unüberwundene Schmerzen (unvergebene Schuld) sind für das Gedächtnis immer frisch und quälend.
Überwindung im Gebet6(LBT 207)
ERINNERUNG, Teil 2
Gebet
Psalm 143 (EG 755)
Auf einer zweiten Leinwand - möglichst im Gegenüber zu Leinwand 1 - erscheint das Bild von Ernst Barlach "Der Müde"7
Herr, erhöre mein Gebet,
vernimm mein Flehen um deiner Treue willen,
erhöre mich um deiner Gerechtigkeit willen;
und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht;
denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.
Denn der Feind verfolgt meine Seele
und schlägt mein Leben zu Boden,
er legt mich ins Finstere
wie die, die lange schon tot sind.
Und mein Geist ist in Ängsten,
mein Herz ist erstarrt in meinem Leibe.
Ich denke an die früheren Zeiten;
ich sinne nach über all deine Taten
und spreche von den Werken deiner Hände.
Ich breite meine Hände aus zu dir,
meine Seele dürstet nach dir wie ein dürres Land.
Herr, erhöre mich bald, mein Geist vergeht;
verbirg dein Antliz nicht vor mir,
dass ich nicht gleich werde denen, die in die Grube fahren.
Lass mich am Morgen hören deine Gnade;
denn ich hoffe auf dich.
Tu mir kund den Weg, den ich gehen soll;
denn mich verlangt nach dir.
Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden;
zu dir nehme ich meine Zuflucht.
Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen,
denn du bist mein Gott;
dein guter Geist führe mich auf ebner Bahn. Amen
Sprecher 3:
Auf der Seite des Barlach-Bildes stehend
Ein müder, erschöpfter Mann hat sich am Wegesrand niedergelassen. Kraftlos stützt er sich auf seinen Stock. Nichts geht mehr. Nichts trägt er bei sich, keine Habe, keine Wegzehrung zur Stärkung.
Aber er bleibt in seiner Verzweiflung nicht allein. Ein Engel stellt sich ihm zur Seite. Sanft hebt er den Kopf des Mannes, eine zärtliche, ermutigende Geste. Eine Botschaft aus einer anderen Welt, aus Gottes Welt. Gott schickt seine Engel und richtet Menschen auf, die nicht mehr können und am Ende sind - zu Menschen wie Dietrich Bonhoeffer, aber auch zu Menschen wie Du und ich. Trost, Stärkung - körperlich und geistig zu spüren, gestern, heute, morgen und in Ewigkeit.
LIED
EG 595 (RT N/B) Fürchte dich nicht, gefangen in deiner Angst
ERINNERUNG, TEIL 3
Sprecher1:
Bild der Fensterluke der Gefängniszelle auf Leinwand 18
In der Haft sind es die Briefe an ihm nahestehende Menschen, die Bonhoeffer immer wieder Mut geben und seine Einsamkeit durchbrechen. Sie sind wichtige Gesprächspartner, auch wenn sie sich nicht persönlich sehen und miteinander reden können. Einer der wichtigsten Wegbegleiter ist Eberhard Bethge. An ihn schreibt er am 18. November 1943:
Sprecher2 (Bonhoeffer):
Licht auf Leinwand 1
"Ich muss die Gelegenheit deiner Nähe einfach wahrnehmen, Dir zu schreiben. Du weißt ja, dass man mir hier sogar den Pfarrer versagt hat. ... In den ersten 12 Tagen, in denen ich hier als Schwerverbrecher abgesondert und behandelt wurde - meine Nachbarzellen sind bis heute fast nur mit gefesselten Todeskandidaten belegt - hat sich Paul Gerhard in ungeahnter Weise bewährt, dazu die Psalmen und die Apokalypse. Ich bin in diesen Tagen vor allen schweren Anfechtungen bewahrt worden. ... Anfangs beschäftigte mich auch die Frage, ob es wirklich die Sache Christi sei, um deretwillen ich Euch allen solchen Kummer zufüge; aber bald schlug ich die Frage als Anfechtung aus dem Kopf und wurde gewiss, dass gerade das Durchstehen eines solchen Grenzfalles mit aller Problematik mein Auftrag sei, und wurde darüber ganz froh und bin es bis heute geblieben."
Sprecher 3:
Licht auf Leinwand 2
Bonhoeffer liest und bedenkt Worte der Bibel aus dem 1. Petrusbrief: Denn was ist das für ein Ruhm, wenn ihr um schlechter Taten willen geschlagen werdet und es geduldig ertragt? Aber wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott. ... Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht. (1. Petr. 2,20; 3, 14)
Sprecher 2 (Bonhoeffer):
Licht auf Leinwand 1
Aber las uns einander versprechen, treu in der Fürbitte für einander zu bleiben. Ich werde für Dich um Kraft, Gesundheit, Geduld und Bewahrung vor Konflikten und Versuchung bitten. Bitte Du für mich um das gleiche. Und wenn es beschlossen sein sollte, dass wir uns nicht wiedersehen, dann las uns bis zuletzt in Dankbarkeit und Vergebung aneinander denken, und Gott möge uns schenken, dass wir einst füreinander bittend und miteinander lobend und dankend vor seinem Thron stehen.9
Gebet
Licht auf Leinwand 2 mit Barlach-Bild
Weihnachten 1943 betete Dietrich Bonhoeffer mit den Worten, mit denen auch wir uns an Gott wenden:
Gott, zu Dir rufe ich in der Frühe des Tages.
Hilf mir beten
und meine Gedanken sammeln zu Dir;
ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster,
aber bei Dir ist das Licht;
ich bin einsam, aber Du verlässt mich nicht;
ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist Hilfe;
ich bin unruhig, aber bei Dir ist Friede;
in mir ist Bitterkeit, aber bei Dir die Geduld;
ich verstehe Deine Wege nicht, aber
Du weißt den Weg für mich.
Lied
Kommt Kinder lasst uns gehen
ERINNERUNG, TEIL 4
Sprecher 1:
An der Wende zum Jahr 1943 schreibt Bonhoeffer fast wie ein Prophet. Als wüsste er, was auf ihn zukommen wird, denkt er über Gottes Handeln in der Geschichte nach. Wo ist Gott gerade auch angesichts des Bösen in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland? Woher bekommen Menschen die Kraft und den Mut, Widerstand zu leisten? Voller Gottvertrauen formuliert er so etwas wie ein Glaubensbekenntnis:
Sprecher 2 (Bonhoeffer):
beide Leinwände beleuchten; auf Leinwand 1 Bild Konzentrationslager Flossenbürg10
Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.11 (WE 18f)
LIED
Sprecher 3:
Beleuchtung des Engelbildes auf Leinwand 2
Gott wirkte und wirkt in der Geschichte. Damals und heute. Davon ist Dietrich Bonhoeffer überzeugt. Die Geschichten der Bibel geben ihm recht. Hören wir eine Widerstandsgeschichte aus alter Zeit. Elia, Prophet Gottes, wird auf den Weg geschickt und gerät dabei ins Fadenkreuz König Ahabs. Elia ist in Lebensgefahr und flieht. Woher nimmt er am Ende den Mut, sich gegen den König zu stellen? Was hilft ihm? Hören wir seine Geschichte:
Lesung
1. Könige 19, 1-8
Sprecher 2 (Bonhoeffer):
Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.
Lied
EG 65 Von guten Mächten wunderbar geborgen
MEDITATION
Zwei Männer in unterschiedlicher Zeit, die sich mit den Herrschenden anlegen. Zwei Lebensgeschichten, die in bedrohliche Lagen geführt haben. Eines verbindet die beiden so verschiedenen Männer über die Jahrhunderte hinweg: Sie erfahren die Nähe Gottes in schwerer Zeit.
Elia macht die Erfahrung: Sein Leben steht auf dem Spiel bei der Erfüllung seines Auftrages, als er gegen die falschen Götter der Königin Isebell kämpft. König Ahab droht ihm den Tod an. Elia will nicht mehr, legt sich zum Sterben nieder. Und Gott schickt ihm einen Engel und speist ihn. Der Mutlose bekommt wieder Zuversicht. Gestärkt kann er weiterziehen.
Dietrich Bonhoeffer ist im Gefängnis. Auch er leidet, ist manchmal mutlos und hat Angst vor dem, was kommt. Auch er kämpft gegen die Mächtigen seiner Zeit, die seinen Willen brechen und ihm später das Leben nehmen. In seiner Gefangenschaft stellt sich ihm Gott in seinen Worten zur Seite. Bibelworte, Gesangbuchlieder weiten die Zellenmauern, schenken innere Freiheit. Worte gegen die Angst. Vielleicht sind sie auch ihm wie ein Engel in seiner Einsamkeit erschienen, der ihn innerlich und äußerlich aufrichtet. Gott stellte sich Dietrich Bonhoeffer zur Seite und gab ihm die Widerstandskraft, die er in dieser Situation brauchte.
Gottes Geschichte mit den Menschen geht weiter. Auch heute schickt er seine Engel, um Menschen zu stärken und Kraft zum Widerstand zu schenken - im Großen wie im Kleinen. Er gibt Menschen die Kraft, die Stimme für Menschen zu erheben, denen Unrecht geschieht - in der Schule, im Sportverein, der Politik, in den Familien, in unserer Stadt und unserem Land. Er hat uns Augen gegeben, damit wir aufmerksam durch das Leben gehen und sehen, wo Menschen unsere Hilfe brauchen. Er hat uns Ohren gegeben, um zwischen wahren und falschen Tönen und Botschaften zu unterscheiden. Er hat uns geschaffen, damit wir Verantwortung übernehmen für die Welt um uns herum.
Das ist schwer. Oft bedeutet es, gegen den Strom zu schwimmen, sich für Außenseiter einzusetzen, sich unbeliebt zu machen, isoliert zu werden. Aber er schickt auch uns seine Engel, die uns trösten und stärken, wenn unsere Kraft nicht auszureichen scheint. Er gibt auch uns in jeder Notlage die Widerstandskraft, die wir brauchen. Aber er gibt sie uns nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn, Gott, verlassen. Darauf können wir bauen. In diesem Vertrauen können wir Augen, Ohren und Herzen offen halten für die Welt um uns herum mit ihren Licht- und Schattenseiten. In diesem Gottvertrauen können wir durch das Leben gehen, auch gegen den Strom schwimmen und den Widerstand wagen. Denn Gott wird auch heute Engel finden, die uns aufrichten und ermutigen können. Er schenkt uns die Freiheit der Kinder Gottes, die wissen, wer der wahre und einzige Herr dieser Welt ist, nämlich Gott selbst.
LIED
EG 607 (RT N/B) Vertrauen wagen dürfen wir getrost
FÜRBITTEN
Beide Leinwände beleuchten
Unser Gott, du hast uns geschaffen als Menschen mit einem aufrechten Gang, als Menschen, die Verantwortung für sich und andere übernehmen können. Mit offenen Augen, Ohren und Herzen sollen wir durch die Welt gehen und sehen, hören, spüren und fühlen, was um uns herum ist. Dietrich Bonhoeffer war solch ein Mensch, dem wir ein ehrendes Andenken bewahren.
Wir bitten dich: Schenke auch uns die Sensibilität und Aufmerksamkeit, die wir dafür brauchen.
Alle: Kyrie ( gesungen nach EG 178.9)
Unser Gott, es gibt viel Schönes auf dieser Erde. Du gibst es in unsere Hände, damit wir das Leben genießen können. Dafür danken wir.
Lass uns aber die Augen nicht vor Unrecht und Leid verschließen.
Gib uns den Mut, die Stimme für die zu erheben, die am Rande stehen.
Gib uns die Kraft, gegen den Strom zu schwimmen und Ungerechtigkeit beim Namen zu nennen. Stelle dich uns zur Seite, wenn wir kraftlos und müde werden. Sende uns einen Engel, wenn wir Ermutigung und Stärkung brauchen.
Alle: Kyrie
Wir bitten
für alle, die in Ängsten leben,
dass sie Frieden haben.
Für alle, die verloren umherirren und unter Kriegen leiden,
dass sie eine Heimat finden.
Für alle, die hungern,
dass sie satt werden.
Alle: Kyrie
Für alle, die die Zukunft fürchten,
dass sie vertrauen.
Für alle, die gescheitert sind,
dass sie neue Chancen bekommen.
Für alle, die schuldig geworden sind,
dass ihnen vergeben wird.
Alle: Kyrie
Für die Mächtigen,
dass sie um ihre Grenzen wissen.
Für alle, die in Wissenschaft und Wirtschaft Verantwortung tragen,
dass sie dem Leben dienen und nicht ihren eigenen Interessen folgen.
Für die Kleinmütigen und Resignierten,
dass sie auf dich bauen und Veränderungen wagen.
Alle: Kyrie
Unser Gott, schenke uns alles, was wir zum Leben brauchen. Sei du bei uns in guten und in schweren Tagen. Hilf uns, so zu leben, wie du uns gedacht hast in Verantwortung vor dir und den Menschen.
Gemeinsam beten wir zu dir:
VATERUNSER
SEGEN
Guter Gott, segne meine Hände,
dass sie behutsam sind,
dass sie halten können,
ohne zur Fessel zu werden,
dass sie geben können ohne Berechnung,
dass ihnen innewohnt
die Kraft zu trösten und zu segnen.
Gott, segne meine Augen,
dass sie Bedürftigkeit wahrnehmen,
dass sie das Unscheinbare
nicht übersehen,
dass sie hindurchschauen
durch das Vordergründige,
dass andere sich wohlfühlen können
unter meinem Blick.
Gott, segne meine Ohren,
dass sie deine Stimme hören,
dass sie hellhörig sind
für die Stimmen der Not,
dass sie sich verschließen
für den Lärm und das Geschwätz,
dass sie das Unbequeme nicht überhören.
So segne uns der allmächtige und barmherzige Gott,
der Vater, der Sohn mit dem Heiligen Geist. Amen.
MUSIK
Literatur
- Geeignetes Unterrichtsmaterial findet sich u.a. in: Religion. Unterrichtsmaterialien Sek. I, Evangelisch, Jahrgangsstufe 9/10, Nr. 4/2001, Bergmoser+HÖLLER VERLAG Gmbh; Weber, M.: Freiheit zum Leben. Dietrich Bonhoeffer für Jugendliche, Gütersloh 2000; Bethge, E. u.a.: Dietrich Bonhoeffer. Sein Leben in Bildern und Texten, München 1986; darüber hinaus gibt es Unterrichtsmaterial zu Filmen über Dietrich Bonhoeffer "Die letzte Stufe" und "Brautbriefe - Zelle 92"
- Quelle: Bethge, E. u.a.: Dietrich Bonhoeffer. Sein Leben in Bildern und Texten, München 1986, S.143; das Foto kann auf eine Folie gezogen werden und mit einem OHP auf die Leinwand projiziert werden. M1)
- Bonhoeffer, Dietrich: Widerstand und Ergebung. Hrsg. Von Bethge, E.; München 1951, S. 26f
- Bethge, E. u.a.: Dietrich Bonhoeffer. Sein Leben in Bildern und Texten , a.a.O., S.205 M2
- Bonhoeffer, D.: Widerstand und Ergebung, a.a.O., S. 64f
- Bethge, E. u.a.: a.a.O., S. 207
- Quelle: Berg, S: Mit Engeln durchs Jahr , Stuttgart 1998, S.125 M3 Lithographie, 1916 aus der Folge "Der Bildermann"
- Bethge, E. ua.: a.a.O., S. 207 M4
- Bonhoeffer, D.: Widerstand und Ergebung, a.a.o., S. 70ff
- Bethge, E. u.a.: a.a.O., S.231
- Bonhoeffer, D.: a.a.O., S. 18f
- aus: Bartels, R.-R. u.a. (Hrsg): Beten, Themenheft 21, Evangelische Jugend, Landesjugendpfarramt, 1997, 12.00