Vorfreude und Synergien
Was überwiegt bei Ihnen: Die Vorfreude oder der Respekt vor der Schulphase, wenn Sie nun einige Wochen Religion unterrichten werden?
Beides ist da! Aber die Vorfreude überwiegt schon. Es wird spannend, so einen heterogenen Lernort wie eine IGS kennen zu lernen.
Ich komme durch die Zeit in der Schule einfach mal raus aus der „Kirchen-Bubble“ und mitten hinein in die Gesellschaft, und darauf freue ich mich sehr.
Wenn Sie an Ihre eigenen Schulerinnerungen denken, was wollen Sie auf keinen Fall vor Ihren Klassen auch so machen, wie Sie es als Schülerin erlebt haben - und was wollen Sie genauso mitgeben?
Also, eins weiß ich: Ich will nicht nur vorne stehen und Frontalunterricht geben.
Und was ich unbedingt tun möchte, ist, außerschulische Lernorte zu erschließen. Ich will Leute in die Schule holen, in den Religionsunterricht. Und zwar Profis zum Thema Mobbing beispielsweise, Menschen, die von extern kommen in den Mikrokosmos Schule. Damit sie authentisch und kompetent berichten und so den Unterricht und die Schüler*innen bereichern.
Besonders bei dem Thema Interreligiosität will ich die Vertreter*innen der Religionen zu meinen Schüler*innen holen. Oder wir gehen zusammen bewusst raus aus der Schule, hinein in den außerschulischen Lernort, in das eigene Setting der anderen Religionen. Dort gemeinsam mit meinen Klassen zu Gast sein zu können, das ist mir wichtig. Und ich bin sehr froh, dass das in meinem Vikariatsort Göttingen möglich ist.
Was erhoffen Sie sich von der Zeit in der Schule als Synergieeffekte zwischen Gemeindearbeit und Religionsunterricht?
Für die Schule finde ich wichtig und gut, dass ich für die Schüler*innen als Vikarin Vertreterin von Religion bin. Ich bin also irgendwie „Meet a Pastor“, quasi analog zu „Meet a Jew “.
Ich kann alles gefragt werden von den jungen Leuten, denn ich komme in die Schule, verortet aus einer Glaubensposition. Und da möchte ich gerne Rede und Antwort stehen.
Für die Gemeinde denke ich, dass die Heterogenität in Schule dabei hilft zu erleben, wie Gemeinde in Zukunft sein wird. Kirche wird in der Gesellschaft zunehmend zu einer Minderheit, und da stellt sich die Frage: Wie positioniert man sich? Bin ich bereit oder besser, sind wir bereit, Macht abzugeben? Wie gestalten wir die plurale Gesellschaft mit?
Und dazu werde ich in der Schule viel lernen können.
Interview und Foto: Bianca Reineke, Öffentlichkeitsarbeit RPI