Chiara Jung wollte in ihrer Arbeit nach eigenem Bekunden untersuchen, „wo die Grenzen unserer Existenz liegen, welchen Einfluss großes Leid auf uns hat und welche Rolle die Religion dabei einnimmt“. Ihr Fazit: „Wir sollten dankbar sein für jede glückliche Minute und sie bewusster leben. Gleichzeitig kann jeder dazu beitragen, das Leid seiner Mitmenschen und schließlich auch der ganzen Welt zu verringern, denn schon mit kleinsten guten Taten lässt sich viel bewirken.“
Gerade diese Erkenntnis beeindruckte die Schirmherrin des Wettbewerbs, die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek. „An der Herangehensweise der Arbeit gefällt mir besonders gut, wie Chiara Jung versucht, sich aus möglichst verschiedenen Perspektiven einer Fragestellung zu nähern“, sagte Ciesek in ihrer Laudatio. „Ich erkenne darin Neugierde, Offenheit für andere Meinungen und einen Forschergeist, der versucht, einen Sachverhalt möglichst tiefgründig und umfänglich zu erfassen.“
Die Rolle des Menschen im Leben
Dem erstplatzierten Gruppenbeitrag attestierte die Psychologiestudentin und frühere Preisträgerin Mette-Luise Springer einen „klar erkennbaren roten Faden“. Da sie kurzfristig erkrankt war, wurde ihre Lobrede verlesen. Springer würdigte vor allem die Methodenvielfalt der Arbeit, die ein selbstgeschriebenes Lied, ein eigenes Gemälde, einen Essay, einen Poetry Slam, einen Flyer und einen Podcast umfasst: „Ihr könnt echt sehr stolz auf eure gemeinsame Leistung sein.“
Sie hätten die Aufgaben im Team nach Neigung verteilt, heißt es im Wettbewerbsbeitrag der vier Schüler*innen vom Gymnasium am Bötschenberg. Da habe es die Kreativen gegeben und die, die „eher die Schreibarbeit erledigt haben“, erläutern Teresa Madita Büttner, Laura Mahncke, Emely Weihs und Mika Hoffmann ihre Arbeitsweise. Das Endergebnis trage die ganze Gruppe inhaltlich mit, „wir haben dabei alle an einem Strang gezogen“.
Insgesamt beteiligten sich 363 Schüler*innen der Jahrgangsstufen 10 bis 13 aus 33 Schulen in Niedersachsen mit 142 Einzel- und Gruppenbeiträgen zum Thema „#Mensch“. Im Vergleich zum Wettbewerb vor zwei Jahren stieg die Teilnehmendenzahl um fast 100 Schüler*innen. Zu gewinnen gab es Geldpreise zwischen 100 und 600 Euro im Gesamtwert von 3.000 Euro; außerdem wurden 80 Buchpreise vergeben. Für den musikalischen Rahmen sorgte Tammo Förster. Der Duderstädter belegte im Finale von „The Voice of Germany“ 2022 den 3. Platz und sang dort gemeinsam mit Rea Garvey. Förster begeisterte bei der Preisverleihung mit eigenständigen Interpretationen großer Hits von Künstlern wie John Lennon, Ed Sheeran und Elton John.
Den zweiten Platz bei den Einzelbeiträgen belegte Anja Eggers vom Gymnasium Salzgitter-Bad, der dritte Platz ging an Kimberly-Manuela Quast von der Integrierten Gesamtschule Garbsen. Bei den Gruppenbeiträgen gab es folgende weitere Platzierungen: 2. Platz: Enrik Enneking, Simon Blome, Luca Pengelley (Gymnasium Lilienthal), 3. Platz: Ben Hinkelmann, Joshua Zobel (Lichtenberg-Gymnasium Cuxhaven), 4. Platz: Paul Friedrichs, Jonah Knaus, Oke Aller (Amandus-Abendroth-Gymnasium Cuxhaven). Hier finden Sie die Titel und Laudationen sowie weitere Fotos. Einen Sonderpreis erhielten Ann-Kathrin Schensny und Marie Paulmann (Integrierte Gesamtschule Garbsen) für ihr Portfolio zum Thema "Sexueller Missbrauch in der Kirche".
„Mittlerweile elf Landeswettbewerbe haben etliche Jugendliche und Lehrkräfte im Religionsunterricht dazu angestoßen, sich zupackend, nachdenklich und kreativ mit lebenswichtigen Themen in religiöser Hinsicht auseinanderzusetzen“, erklärt RPI-Rektorin Silke Leonhard. „Die Koordinatorin Linda Frey hat das Thema #Mensch so geformt und begleitet, dass wirklich brisante Fragen mutig ins Visier genommen werden konnten. Dabei geht es um Gegenwart und Zukunft von Gesellschaft und Kirche. Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb: Wir freuen uns auf Nummer zwölf!“
„Dass viele Schüler*innen ihre ethische Urteilsbildung aus einer christlichen Position heraus verantworten, ist das Besondere am Landeswettbewerb Evangelische Religion“, betont Christoph Dahling-Sander, Geschäftsführer der Hanns-Lilje-Stiftung. „Dies steht zugleich für unseren Stiftungszweck: Kirche und Theologie im Dialog mit Politik und Gesellschaft, mit Wissenschaft und Technik, mit Kunst und Kultur.“
Thomas Schlichting, Geschäftsführer der Heinrich-Dammann-Stiftung, findet die große Bandbreite der eingereichten Arbeiten zum Thema „#Mensch“ höchst spannend. „Sie bilden gerade die Themen in einer großen Vielfalt ab, die Jugendliche beschäftigen. Da die Heinrich-Dammann-Stiftung insbesondere die Partizipation fördert, gibt der Wettbewerb auch in diesem Durchgang wieder viele wichtige Hinweise auf das, was Jugendliche bewegt“, so Schlichting. „Wir werden in unserer weiteren Förderung ein Augenmerk darauf haben. Gefreut hat mich auch die hohe Qualität der Beiträge und die gute und manchmal auch sehr selbstkritische Reflexion.“
Text: Lothar Veit, Fotos: Dethard Hilbig