Loccum/Kr. Nienburg (epd). Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) plädiert dafür, die "Spielregeln" zwischen Schule und Elternhaus neu zu definieren. Die Schule könne nicht alle Probleme lösen, wenn in der Gesellschaft und im Elternhaus etwas nicht funktioniere, sagte der Minister am Sonnabend in Loccum bei Nienburg vor Vertreterinnen und Vertretern der Schulelternräte. Als Beispiel nannte Tonne die vom Bundestag beschlossene Impfpflicht gegen Masern. Die Kontrolle über die Einhaltung könne nicht allein dem Bildungssystem übertragen werden.
Auch den Wunsch nach immer neuen Schulfächern wie "Gesunde Ernährung" oder "Alltagskompetenzen" sieht der Minister skeptisch. Schulen und Eltern müssten gemeinsam überlegen, was Kinder wo lernen sollten. Das Problem sei dabei nicht der Zugang zu Wissen. "Das Problem ist heute eher, dass Schüler absaufen in einer Fülle an Informationen", unterstrich Tonne. Das Religionspädagogische Institut Loccum hatte die Elternvertreter zu einer Tagung zum Thema "Wie Elternhaus und Schule partnerschaftlich Verantwortung wahrnehmen" eingeladen.
Der Minister plädierte zudem für das Einüben einer Streitkultur in der Schule: "Streit ist gut, wenn er in der Sache geführt wird und nicht in unterirdischer Weise in sozialen Netzwerken." Die Verrohung und immer neue Fälle von Mobbing und Cybermobbing bereiteten ihm Sorge. Schüler und Lehrer müssten angstfrei zur Schule gehen können, sagte Tonne. Anfang November hatte der Vorsitzende des Landeselternrats, Mike Finke, sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt und dies mit einem nicht mehr hinnehmbaren Maß an "Hass, Hetze, Verleumdungen und Beschimpfungen" begründet.
Die für Bildungsfragen zuständige Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track warnte bei der Tagung vor einem wachsenden Antisemitismus auch an Schulen. Kinder und Jugendliche müssten erfahren, dass alle Menschen eine Würde hätten, die ihnen niemand nehmen könne. "Dafür sind soziales, ethisches und emotionales Lernen, Demokratiebildung und Friedenserziehung, Medienpädagogik, der konfessionelle Religionsunterricht ebenso wie das Fach Werte und Normen entscheidend", sagte die evangelische Theologin.
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