Auf jedem verfügbaren Platz sitzt jemand: Auf den Gängen und Fluren, draußen vorm Haus und selbst in der Kapelle. Alle haben einen Laptop auf den Knien oder ein Smartphone in der Hand. Mehr als 20 junge Lehrkräfte sind eifrig damit beschäftigt, Fotos und Texte auszuwählen und daraus kleine Videos zu erstellen. Was auf den ersten Blick anmutet wie eine Multimedia-Fortbildung, ist Teil einer Vokationstagung, bei der Religionslehrkräfte ihre kirchliche Unterrichtsbestätigung erhalten. Für zwei Tage sind sie dafür ins Religionspädagogische Institut Loccum (RPI) gekommen, um sich über Fragen rund um den Religionsunterricht auszutauschen und Impulse für die Praxis zu erhalten.
Die aktuelle Aufgabe: Ein kurzes Video zu einem ganz persönlichen „Sehnsuchtsort“ zu erstellen – und daraus Anregungen für das Unterrichtsgespräch mit den eigenen Schüler*innen abzuleiten. Teilnehmer Christopher Kapp aus Burgdorf findet diese Idee super: „Meine Schüler haben nach dem ganzen Homeschooling die Nase voll von Arbeitsblättern. Das hier ist echt mal was anderes!“
Etwas Besonderes ist auch diese Vokationstagung: Sie ist die erste am RPI Loccum, die sich speziell an Religionslehrkräfte an Berufsbildenden Schulen richtet. „Uns ist bewusst, dass die Situation für Religionslehrkräfte an Berufsbildenden Schulen eine besondere ist“, erklärt die Rektorin des RPI, PD Dr. Silke Leonhard. „Oft sind sie mit ihrem Fach an der BBS ja alleine auf weiter Flur. Umso wichtiger ist es, hier in Loccum die Gelegenheit zur Vernetzung und zum Austausch zu bieten.“
Christopher Kapp hat einige bekannte Gesichter aus dem Studium wiedergetroffen, darunter Laura Weiß, die nun an der Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln arbeitet. Auch sie ist sehr zufrieden mit der Veranstaltung: „Diese Tagung ist einfach genau auf die BBS-Bedürfnisse zugeschnitten. Hier weiß jeder, wovon die Rede ist, wenn das Stichwort Berufsschule fällt. Bei uns ist halt vieles anders als an den Allgemeinbildenden Schulen.“
Die besondere Situation an Berufsbildenden Schulen kennt auch Oberlandeskirchenrätin Dr. Kerstin Gäfgen-Track, die den Teilnehmenden in einem feierlichen Vokationsgottesdienst ihre Urkunden verleiht. „Religionsunterricht ist ohnehin kein Selbstläufer. Und an keiner Schulform steht er vor so großen Herausforderungen wie an der BBS“, sagt sie in ihrer Ansprache. „Die Schüler verstehen nicht, wieso sie in der Ausbildung noch Religionsunterricht brauchen, und die Betriebe wollen, dass die Religionslehrer aus den Schülern anständige Menschen machen. Die Religionslehrkräfte stehen aber dafür ein, dass religiöse Bildung tatsächlich jedoch etwas ganz anderes ist.“
Die jungen Lehrkräfte sind sich einig: Diese Tagung hat ihnen neue Impulse gebracht und ihnen den Rücken gestärkt. Sie sind dankbar dafür, dass die Kirche solche Tagungen anbietet, mit einem Gottesdienst als „Sahnehaube“, wie es Christopher Kapp ausdrückt. „Als ich in der Schule erzählt habe, dass ich nach Loccum muss, haben meine Kollegen gefragt: Du hast doch fünf Jahre studiert. Hast du immer noch nicht genug gelernt?“, schmunzelt er. „Jetzt kann ich ihnen sagen: Das hat sich echt gelohnt!“ Und Laura Weiß macht bereits weitere Pläne: „Wir haben schon beschlossen, uns als Gruppe in Zukunft häufiger in Loccum zu treffen. Das Fortbildungsangebot ist toll, und wir freuen uns darauf, wieder hierherzukommen.“
Text: Dr. Michaela Veit-Engelmann, Öffentlichkeitsarbeit am RPI Loccum